Montag, 30. August 2010

Warum?

Warum fährt man mit einem schrottreifen VW-Bus über den Balkan, die Türkei, den Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan nach Bishkek, Kirgistan?
Ohne ein einziges Wort Russisch zu können, geschweige denn Türkisch, Farsi, Serbisch, Bulgarisch oder sonst irgendeine Sprache die in den 11 von uns durchquerten Ländern gesprochen wird...
Ohne besonders viel Ahnung von Motoren zu haben...
Ohne das Studium vorher beendet zu haben...
Ohne besonders viel Geld...


Unsere Route.

Verdammt viele Kilometer...

Sonntag, 29. August 2010

Weiterhin auf den Spuren der Spagetti

Nach mehreren Nachfragen, sei nun hier gesagt: Ja, wir sind wohlauf und ja ich bin wieder in Berlin, während der Noodledude die Spagettispuren weiterverfolgt und inzwischen in New York gestrandet ist.Damit können alle, die den Blog allein aus Sorge um uns lesen beruhigt durchatmen, zum Telefon greifen und wieder persönlich mit uns sprechen.
Wir werden hier zumindest diese Reise noch weiterbeschreiben und weiter Texte veröffentlichen. Dieser Blog ist zu einer Art Tagebuch geworden und wir freuen uns schon jetzt darüber, wenn wir so auf Erlebnisse zurückgreifen können, die wir beinahe schon verdrängt hatten.
Es gibt sicherlich noch ein paar ganz gute Foto-Updates (die Hälfte der Filme wurde gerade erst entwickelt) und ganz bestimmt noch mindestens 15 Texte, die zu dieser Reise hier veröffentlicht werden. Unsere Reise in Turkmenistan und den größten Teil von Usbekistan haben wir zum Beispiel noch gar nicht hochgeladen, genauso wenig, wie Texte über unsere Zeit in Kirgistan und das Ende des Aufenthaltes im Iran...
Es fehlen eine ganze Menge Erlebnisse, wie z.B.: Wie wir in Turkmenischen Erdgasfeldern nach dem Weg fragen , wie wir versuchen iranische Fischer zu überreden mit uns aufs Kaspische Meer zu fahren und was die Basidsch dagegen haben, wie wir trotzdem auf einem Fischerboot frühstücken, was Bukhara, Samarkand und Khiva voneinander unterscheidet, was das Nachtleben in Asghabat mit sich bringt und warum man dort nicht zweimal dieselbe Straße entlanglaufen kann, warum hinter jedem Tunnel im Elbus-Gebirge ein Krankenwagen steht, warum man in Tashkent nur für 10 oder gleich 50$ ein Hotelzimmer bekommt, wie wir mit über 40 Kilo Gepäck die Grenze zwischen Tadschikistan und Kirgistan im Schneetreiben überwinden, warum das Nachtleben Bishkeks nicht der Rede wert ist, wie Yakbutter schmeckt, warum wir in Bishkek aus dem Hotel geworfen wurden, wie ich meinen Geburtstag neben Soldaten zwischen Osh und Bishkek verbracht habe, wie der Noodledude es schafft in London die Sicherheitskontrollen auf 180 zu bringen, wie wir uns freuen diese Reise gemacht zu haben und natürlich wie wir uns freuen wieder zurück zu sein.
All dass wird hier noch veröffentlicht werden. Aber erst einmal bedanken wir uns bei allen, die den Blog bis hierhin verfolgt haben! Wir wissen, dass es teilweise nicht möglich war Kommentare zu veröffentlichen. Also vielen Dank, allen, die es geschafft haben und auch vielen Dank, allen bei denen zumindest die Intention da war. Natürlich auch einen Ganz herzlichen Dank, allen, die uns mit vielen Tips zur Seite standen und uns dadurch oft viel Ärger erspart haben.

Rückreise mit Hindernissen

An der nächsten Hauptstraße sprechen wir einen Taxifahrer an. Wir handeln ihn auf 500sum (ca. 10$) für die Fahrt zum Flughafen herunter. Der Preis liegt etwas über dem normalen Kurs, aber ehrlich gesagt ist es uns ausnahmsweise mal egal. Wir wollen endlich nach Hause. Gepäck in den Kofferraum des alten Passats geschmissen und in die tiefen stinkenden Poster fallen gelassen. Wie schön es eigentlich ist im Taxi gefahren zu werden... Es wird an einer Tankstelle angehalten und natürlich muss erst einmal getankt werden. Natürlich wird dafür unser Geld benötigt – im Voraus...natürlich. Wir haben nur drei 200er Scheine. Tank ist voll, zurück kommt ein Fünfziger. Nicht schon wieder. Anscheinend denkt die Hälfte der Leute von Bukhara bis Bishkek sie kann uns einfach so nach Strich und Faden über den Tisch ziehen, nur weil wir Touristen sind. Wir haben schon etwas mehr als den Normalpreis gezahlt und jetzt werden wir auch noch wegen 1$ für dumm verkauft. ND findet das überhaupt nicht lustig. Fängt an zu diskutieren. Der Taxifahrer steigt ein. Fährt einfach weiter. ND explodiert und wirft den 50sum Schein nach vorne. Ob er dabei dem Fahrer auch noch gleich eine gelangt hat? Darüber scheiden sich die Geister. Fakt ist das der Fahrer unbekümmert weiterfährt, bis er ein wirklich dunkles Stück Straße außerhalb von Bishkek entdeckt hat. Er fährt an die Seite. Keine Person weit und breit. Steigt aus, öffnet den Kofferaum (denkt vermutlich das die Taschen im Kofferraum wirklich schwer sein müssen), geht ums Auto und öffnet die hintere Tür bei ND und denkt wahrscheinlich wir bekommen jetzt Angst, dass wir nicht mehr zum Flughafen kommen. Nur noch für 50$ oderso. - Irrtum, während ich einfach sitzenbleibe, flippt ND völlig aus. [...]
Der Taxifahrer gibt uns die restlichen 50sum, macht den Kofferraum wieder zu und setzt sich auf den Fahrersitz und fährt schnell schweigend zum Flughafen. Dort angekommen bedankt er sich für die Fahrt, schüttelt uns die Hände und ist sichtlich erleichtert als wir verschwinden.
Nach zwei Stunden Schlaf im Flughafen verläuft alles Andere erstaunlich einfach; keine Probleme wegen meiner Autokennzeichen im Rucksack, aus Versehen bei der Businessclass eingecheckt, deshalb nicht fürs Übergewicht bezahlt. Schnell noch mit unserem Lumpensammlerflugzeug in Almaty zwischengelandet und schon sind wir in London. Noch ein kleiner Scherz bei der Sicherheitskontrolle. „What is in your back?“, „A bomb.“, „That's not funny at all. You could spend some time in prison for a joke like that.“ Tja, das hat uns dann auch nicht mehr beeindruckt... =;-)
Erst als wir im Landeanflug auf Berlin-Tegel sind, wird mir klar, dass die Reise jetzt wirklich beendet ist. ND und ich werden ein bisschen wehmütig, keine Sonnenuntergänge in der Wüste mehr, keine Fleischspieße in irgendwelchen turkmenischen Kaschemmen, keine Partys in Ashgabat, keine zu durchquerenden Flüsse, keine Scherereien mit der Polizei, keine tadschikischen Schönheiten, die einen zum Tee einladen, keine iranischen Künstler, keine kurdischen Anarchisten, keine Kraterseen, keine vor Interpol flüchtenden Kanadier, keine Menschen, die einen morgens einfach nur aus Neugier wecken, keine Karawansereien und keine spontanen Einladungen zum Quatschen mehr. Aber jede Wehmut, jedes Fernweh ist vergessen, wenn Freunde zugegen sind. Und sie waren da.

Samstag, 28. August 2010

Respekt in Bishkek

Nach tiefem Schlaf wache ich am Morgen nach meinem Geburtstag um drei Uhr morgens auf. Scheinbar wurde ohne mich gefeiert (wie mir berichtet wird, war es nicht möglich mich zu wecken) und der einzige, der sich noch im Innenhof des Hostels aufhält ist ein Franzose auf dem Weg von Indien zurück nach Frankreich. Ich lasse mir seinen Plan vom Reisen mit möglichst wenig CO2 Ausstoß erklären... keine Langstreckenflüge nur mit Sammeltaxen, Bussen und Bahnen. Auf die Frage, was er so in Frankreich macht - Studium an der „école polytechnique“ in Paris. Scheint irgendwie zum französischen Militär zu gehören. Aber eine sehr gute Universität. Dafür läuft man dann auch mal bei der großen Militärparade zum Nationalfeiertag mit. Ich frage mich wie das zusammenpasst. Bei Militärparaden mitmarschieren, über einem Düsenjets die X-Tonnen CO2 in die Atmosphäre donnern und dann so wenig wie möglich CO2 beim Reisen... vielleicht ist es ja das schlechte Gewissen.In den nächsten Tagen beschäftigen wir uns nicht mehr besonders viel mit der Stadt, sondern versuchen zwanghaft einen preiswerten Flug zurück nach Berlin zu finden. Internet, Reisebüro, Internet, Reisebüro, anderes Reisebüro, usw. Wir werden natürlich falsch beraten und zahlen am Ende mehr als wir gemusst hätten.
Trotz aller Unwägbarkeiten scheint Bishkek irgendwie entspannter als viele andere Orte in Zentralasien zu sein. Wir treffen sogar mehrere Menschen, die freundlich zu uns sind. Die Verkäuferin im Reisebüro findet es so schade, dass wir keine Zeit haben uns Kirgistan anzuschauen, dass sie uns in das Haus ihrer Eltern auf dem Land einlädt. Wir lehnen dankend ab. Ansonsten kann man in der Stadt gut herumlaufen und sogar in einigen Parks ein bisschen flanieren. Der Stress der letzten Wochen fällt langsam von uns ab und wir gehen abends essen, spielen Tischtennis auf Platten, die im Park vermietet werden (anscheinend eine Hauptfreizeitbeschäftigung) und schlafen aus.In der Stadt sind immer wieder noch einige Spuren der gerade erst abgelaufenen Revolution zu sehen. Der Präsidentenpalast ist mit Tischen und Stühlen verbarrikadiert, aber Stück für Stück werden auch diese Zeugen des Umschwungs abgebaut und alles geht seinen normalen Gang.Seit Istanbul gibt es die ersten Menschen, die Musik auf der Straße machen und sogar ein paar skatende Jugendliche vor dem Denkmal für Lenin, dessen Sockel die Aufschrift "Linkin Park" trägt.Interessant ist auch der Unabhängigkeitsplatz, wo diverse Verkäufer allerlei Ramsch feilbieten und die Fassaden der umliegenden Häuser einfach vor Fabriken geklatscht wurden um den Platz schöner zu machen. Halb Kirgistan scheint sich vor dem Platz fotografieren zu wollen. Es macht Spaß diese Szenerie zu beobachten. Die Leute scheinen guter Dinge.
Stück für Stück sortieren wir Dinge aus und verschenken sie an andere Backpacker, die sie noch gebrauchen können. Unser Flugticket erlaubt nur 20 Kilo aufzugebendes Gepäck und 5 Kilo Handgepäck. Der Flug geht am Morgen des 29. und wir bereiten uns darauf vor am 28. das Hostel zu verlassen um dann die nächste Nacht auf dem Flughafen zu verbringen. Am vorletzten Abend, einem Freitag, wollen wir noch einmal richtig feiern gehen und klappern Stück für Stück Bishkeks Clubs ab. Der erste Club ist das Golden Bull, wo sich eine bunte Mischung aus Kirgisen und Ausländern treffen soll. Leider macht der Club schon von außen nicht gerade den Eindruck, als würde sich dort eine feierwütige Menschenmenge versammeln. Durch die Vorhänge gelugt – und tatsächlich – kein Mensch. Weiter geht es der lauten Musik hinterher ins „Barcadi“. Der Name scheint nicht zufällig gewählt. Überall sind große Werbeplakate des gleichnamigen Rums verteilt. Die Stimmung scheint gut, nur die dicken Autos vor der Tür machen stutzig. Wie sich raus stellt soll der Eintritt knappe 20€ p.P. kosten „aber dafür sind ein paar Getränke mit dabei“. Bereit mehr als für die besten Clubs in Berlin zu zahlen sind wir nicht und so landen wir nach einer Taxifahrt quer durch die Stadt in einem russischen Club mit Liveband. Die Musik ist gut, die Stimung leider nicht und so machen wir uns aufgrund von mangelnden weiteren Optionen auf den Heimweg. -Ohne getanzt zu haben eine ziemlich deprimierende Nacht- Wir haben uns seit Ashgabat, wahrscheinlich sogar seit dem Iran auf die Clubszene von Bishkek gefreut – und jetzt das. Zum Glück kommen wir noch an einem weiteren Club vorbei. Schnell die 300sum Eintritt bezahlt und rauf auf die Tanzfläche. Bei schlechter Elektromucke wird uns langsam klar, dass wir die einzigen Männer im Club sind. Egal. Es wird getanzt bis wir genug haben und einigermaßen zufrieden den Club wieder verlassen. Es scheint bezeichnend zu sein, ob nun für uns oder für das Nachtleben von Bishkek, das der einzige Club, indem wir zumindest ein bisschen tanzen konnten ein halbes Bordell ist.
Im Hostel wieder angekommen ist die Toilette des gemeinschaftlich mit der Etage genutzten Waschraumes völlig versifft. Ich mache mir keine weiteren Gedanken und benutze einfach die nächste Kabine. Aus der Dusche kommt mir ein völlig betrunkener japanischer Gast entgegen.
Der Zusammenhang zwischen ihm und der Toilette erschließt sich mir sofort, während die Verbindung zu mir und ND erst am nächsten Morgen klar wird.
Wir packen unsere Sachen um rechtzeitig um 11h aus dem Zimmer auszuchecken. Den Rest des Tages wollen wir dösend und Blog schreibend im Innenhof des Hostels verbringen um uns dann abends auf den Weg zum Flughafen zu machen. Diese Planung muss jedoch sogleich wieder über den Haufen geschmissen werden, als die japanisch sprechende Hostelbesitzerin die versiffte Toilette auf unserem Gang entdeckt. Während ND noch versucht auf einer sachlichen Ebene (und auf Japanisch) zu erklären, dass wir damit nichts zu tun haben, ist für sie die Sache klar, wir waren feiern, hatten den Schlüssel und sind angeheitert zurückgekommen, ergo: Wir haben das Klo ruiniert. Wir werden im Beisein des wirklichen Verursachers, der kein Wort zu unserer Verteidigung herausbringt und den wir natürlich auch nicht Anschwärzen des Hauses verwiesen.
Trotzdem lassen wir unserer Gepäck einfach im Hostel stehen. Ausgeschlafen wird sich also auf einer Parkbank. Erst der Noodledude und ich daneben über seinen Schlaf wachend, dann ich... Leider musste ND zwischenzeitlich auf die Toilette und ich werde abrupt von einem Ochsen in Uniform aus dem Schlaf gerissen. Er möchte meinen Pass sehen, eine Strafe kassieren, oder was auch immer. Nach einem äußerst unsanften aus-dem-Schlaf-gerissen-werden bin ich fast bereit dem Uniformierten meinen Pass zu geben. Zum Glück schreitet eine couragierte Frau mittleren Alters ein und verhindert diese Dummheit. Dachte man bis eben noch die Polizei in Bishkek ist unkomplizierter, wurde dieses Bild gerade zerstört. Wobei - Wer sagt, dass der Wecker wirklich ein Polizist war...
Da der Abend dämmert, wollen wir noch etwas essen gehen und machen uns auf den Weg in ein Restaurant mit kirgisischer Küche, was uns empfohlen wurde. Auf dem Weg werden wir dann noch einmal von der Polizei kontrolliert, wobei ND keine Lust mehr hat und sich konsequent weigert unsere Pässe zu zeigen. Er fragt warum und den Polizisten fällt auch nicht wirklich ein warum wir ihnen den Pass zeigen sollen, außer halt weil sie Polizisten sind. Unsere Blicke, gezeichnet von einem Monat Zentralasien, entschlossen zu allem und nicht gewillt unseren Pass zu zeigen, bewegen sie am Ende dazu sich zu trollen.
Unerwartet treffen wird das halbe Hostel in dem Restaurant. Jeder scheint bestens informiert über unseren Rausschmiss und wir werden sogleich als größte Pechvögel unter den Zentralasienreisenden tituliert. Als wir anfangen selbstironisch über andere unangenehme Situationen unserer Reise zu berichten, in denen wir scheiterten wird uns gemeinschaftlicher Respekt gezollt und obwohl das Essen nicht wirklich gut war, gehen wir zufrieden ins Hostel. Dort holen wir wortlos an der Inhaberin vorbeiziehend unsere Sachen und suchen ein Taxi.

Unsere Route, bis jetzt... #4


Mittwoch, 25. August 2010

Lebenszeichen

Hallo an alle!

Wir haben mitbekommen, dass sich seit unserem letzten Eintrag vor einem Monat die Sorgen um uns mehren. Hiermit seien diese widerlegt und deutlich gesagt: wir leben noch! Es geht uns gut und wir hatten eine ereignisreiche Zeit und selten Internetzugang. Jetzt sitzen wir daran, das passierte zu rekapitulieren und verschriftlichen. Wir hoffen, euch bald updaten zu können!

Viele Grüße,
N.D.

Dienstag, 24. August 2010

Schnell nach Bishkek

Bishkek ist auf der Karte ca. 800km von der Grenze entfernt. Bis jetzt hat die Karte bei der Entfernung zuverlässig mindestens zehn, im Gebirge weitaus mehr Prozent weniger angezeigt. Also 900km?, 1000km? Wir wissen es nicht. Eigentlich wollten wir meinen morgigen Geburtstag in Bishkek feiern… Inzwischen aber geht es nur noch darum aus dem Niemandsland zwischen Tadschikistan und Kirgistan herauszukommen. Nachdem wir gut in dem mit brennendem Yak-Dung erhitzten Zimmer neben dem Sohn der Familie geschlafen haben, stehen wir ein bisschen erholter auf.Der Blick aus der Tür zeigt uns eine weiße Bergwelt. Es ist kaum vorstellbar, dass man sich vor kurzem noch über geschmolzene Haribo und völlig verschwitztes Schlafen bei weit über 30Grad Gedanken gemacht hat. Der Schneefall lässt langsam nach und da weder die Familie, bei der wir geschlafen haben, uns weiterhelfen kann, noch irgendein Auto diese Straße zu benutzen scheint, mache ich mich ohne Gepäck, nur mit einer mit Schnee gefüllten Trinkflasche auf den Weg zur Kirgisischen Grenzstation um ein Auto zu finden, dass ND und das Gepäck vom Berg holen kann.Der Noodledude wartet inzwischen auf das nächste Auto, was vorbeikommt und versucht so mit dem Gepäck runter ins Tal zu kommen. Ich laufe schnellen Schrittes über den teilweise überspülten Weg los nach Unten zur kirgisischen Grenzstation. Die Landschaft ist wunderschön und es kommt sogar ein bisschen Freude bei mir auf, als ich darüber nachdenke, wie wir hierher gekommen sind. Ich freue mich den Pamir zu Fuß herabzusteigen und lache ein bisschen in mich hinein, als mir klar wird, wie wir vor zwei Monaten ohne Plan in Berlin gestartet sind, wie viele Dinge passiert sind, mit denen wir niemals gerechnet haben.
Nach ca. einer Stunde des Laufens höre ich einen Truck hinter mir. Ich drehe mich um und warte in freudiger Erwartung darauf, dass ND herausspringt und ich zur Grenzstation mitfahren kann. Die Truckfahrer schauen mich entgeistert an und fahren einfach weiter. Ich werde etwas sauer auf N.D. Was macht er da oben? Origami-Figuren bauen? Schneeballschlacht? Er sollte das nächste Auto anhalten. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, warum er nicht in diesem Truck saß.
Nach geschätzten zwei Stunden mündet mein Tal in ein gewaltiges anderes Tal und der erste Schnee in meiner Flasche wird zu Wasser. Die Straße ist inzwischen einigermaßen in Stand gesetzt und mir laufen zwei Backpacker entgegen. Die ersten Menschen, außer dem Truckfahrer und der Kirgisischen Familie, die mir begegnen. Wie sich rausstellt, zwei Franzosen, die gerade aus China kommen und mich vor den Taxifahrern in Sary-Tash warnen. Sie tragen jeder um die 15 Kilo und wollen im Niemandsland campieren, da ihr Visum für Tadschikistan erst am 25. beginnt. Ich wünsche ihnen einen schönen Grenzübertritt, warne sie vor der einen oder anderen Sache in Tadschikistan und lasse Grüße an ND ausrichten. Weiter geht es in Richtung Grenze und schon wieder überholt mich ein Truck ohne ND. Ich glaube inzwischen nicht mehr daran, dass ND irgendjemanden angehalten hat. In dem Moment, als ich die Grenzstation schon sehen kann und schätzungsweise nur noch wenige Kilometer von ihr entfernt bin, kommt die Erlösung. Ein Truck mit ND und dem gesamten Gepäck. Ich quetsche mich mit in das Fahrerhaus und bekomme sogleich von abenteuerlichen Verhandlungen über den Preis für die paar Kilometer zur Grenze berichtet. Der erste Truck wollte tatsächlich all unser Geld haben. Es gab ziemlich unverschämte Forderungen und erst der dritte hat sich auf einen einigermaßen angemessenen Preis eingelassen. Dabei hatten wir uns so auf Kirgistan gefreut. Aber wieder wird klar, man ist nur ein dummer Tourist, der besonders wenn er Hilfe einfach auszunehmen ist. Wir überlegen, ob wir uns irgendwie von den anderen Touristen distanzieren können, damit das nicht so weitergeht. „Wir arbeiten bei der GTZ und wollen nur mal auschecken ob es sich lohnt hier ein Projekt zu starten.“
Es geht es relativ unkompliziert durch die kirgisische Grenzstation. Ein Soldat lädt seine Kalschnikow direkt hinter mir durch, was mich kurz zusammenzucken lässt. Ansonsten keine weiteren Vorkommnisse. Der Truckfahrer bietet und an uns am nächsten Tag für unser letztes tadschikisches Geld nach Osh zu fahren. Wir haben aber genug und wollen eine warme Dusche. Also werden wir an dem Dorfplatz von Sary-Tash abgeladen und auf die Warnung der Franzosen hörend, verhandele ich sofort mit einer tadschikischen Familie, die eh nach Osh fährt. Man ist bereit uns für unser letztes tadschikisches Geld und 10$ nach Osh mitzunehmen. Das Auto ist ein Golf III. Die Familie besteht aus Vater, Mutter und den zwei Kindern. Mein Rucksack nimmt den Mittelsitz der Rückbank voll ein. Also sind wir zu sechst auf vier Plätzen. Nebenbei muss immer mal wieder ne blöde Grimasse für die Kinder gezogen werden damit sie aufhören zu quengeln.
Gegen Abend nach mehreren Pässen und diversen Problemen mit dem Auto kommen wir in Osh an. Schon vor der Stadt ist jedes zweite Haus ausgebrannt. Es gibt eine Militärkontrolle vor der Stadt und natürlich werden wir gleich angehalten. Wir kommen aus Deutschland. In Deutschland ist doch alles so sauber, warum sehen wir dann so verdreckt aus? Das kostet Straff! Wir haben keine Lust mehr auf Diskussionen und setzen uns gleich wieder ins Auto. Dafür muss dann der Fahrer büßen. Strafe, weil er einen Riss in der Windschutzscheibe hat…
Wir fahren weiter in das Zentrum von Osh und fühlen sogleich die bedrückte Stimmung, die über der Stadt liegt. Das usbekische Krankenhaus liegt in Schutt und Asche. Überall wehen Kirgisische Flaggen. Eigentlich haben wir uns die ganze Zeit vor allem nach den Strapazen in Tadschikistan auf Osh und eine warme Dusche gefreut, aber hier, wo es Leute gibt, die soooo mutig sind ein Krankenhaus anzuzünden, hält uns niemand. Also dorthin, wo die Taxen nach Bishkek abfahren. Wir werden wir sofort von mehreren Fahrern belagert. Die Kundschaft scheint rar. Da eine Verhandlung mit mindestens 10 Personen völlig ins Leere führt, hält ND 70$ hoch und fragt wer uns für diesen Preis nach Bishkek bringt. Der Preis scheint hoch zu sein, denn sofort werden wir in ein Taxi gesetzt. Als wir unserer gesamtes Gepäck eingeladen haben und im Auto sitzen, heißt es auf einmal 70$ pro Person. Wir sind nicht zu Späßen aufgelegt, was der Fahrer sofort merkt und uns alternativ den Preis von 80$ anbietet, wenn eine andere Person mitfährt. Aus der einen Person werden zwei und auf einmal sitzen wir zu fünft in den verschlissenen Polstern eines alten Mercedes. Überhaupt scheint es in Kirgistan nur deutsche Autos zu geben. Mercedes, VW und Audi sind die vorherrschenden Marken. Vermutlich ist Kirgistan das Land mit den meisten Prozent an deutschen Autos in der Welt (vor Deutschland!). Bevor wir losfahren, wird mir noch die schwangere Ehefrau des Fahrers vorgestellt.
ND hat ein paar Bier zum Anstoßen auf meinen Geburtstag besorgt, was dem dicken bereits angetrunkenen Soldaten natürlich sofort auffällt… So geht es dann durch die Nacht mit zwei nach Alkohol stinkenden Soldaten. Zum Glück schläft der eine, der zusammen mit uns auf der Rücksitzbank sitzt, bald ein und wir müssen nur noch das Gequatsche des Anderen ertragen, der überhaupt nicht verstehen kann, warum wir die Familienmitglieder von Angela Merkel nicht kennen. Man ist versucht zu sagen: „Das ist Demokratie, wenn man die Familie des Präsidenten nicht kennen muss.“ Um Zwölf flüstert mir ND die herzlichsten Glückwünsche ins Ohr, damit der dicke Soldat nicht aufwacht. An Schlafen ist nicht wirklich zu denken und so sind wir dann morgens in Bishkek. Besser gesagt kurz vor Bishkek. Der Fahrer hält am Bazar, der nicht wirklich im Zentrum ist und macht klar, dass er nicht gewillt ist uns weiter zu fahren. ND hilft ihm dabei einen kaputten Reifen zu wechseln. Als der Fahrer dann sagt, was er für die Tour bis zum Zentrum haben möchte, stellt ND ihm die Hilfe für den Reifenwechsel mit der gleichen Summe in Rechnung. Es wird diskutiert, bis der Fahrer einwilligt. Wahrscheinlich auch weil seine zweite Frau/Freundin (neben der schwangeren in Osh) inzwischen eingetroffen ist und eine noch längere Diskussion sehr unangenehm verlaufen währe. Wir erreichen das Sakura Guesthouse. Sehr zu meiner Freude gibt es keine Betten mehr im Mehrbettzimmer und wir landen im Doppelzimmer. Kurz noch ein „Lebenszeichen“ auf den Blog. Und dann meine größten Geburtstagsgeschenke: warm duschen und schlafen…

Montag, 23. August 2010

Wer hat gesagt, dass es einfach sein würde?

Nachdem wir noch eine Nacht im VW Bus geschlafen haben, stehen wir nun etwas verkatert auf und fangen sogleich an das Auto mit einem großen Geländewagen zum Käufer zu schleppen. Auf die standardmäßige Forderung des Abschleppenden nach Benzingeld geben wir ihm einfach einen 5liter Kanister Diesel. Sollen er und der Käufer das unter sich ausmachen. Nachdem der Bus in einen Hinterhof neben andere Schrottautos geschleppt wurde, werden uns 1300$ zugesteckt. Ob wir den Rest in tadschikischen Somoni haben wollen? Wir wollen nicht! Also wird noch schnell auf dem Schwarzmarkt gewechselt. Beeindruckend, wie an einem Platz, an dem jeder für 500m Abschleppen Benzingeld haben möchte, jemand einfach so mal 2000$ in bar zur Hand hat. Die Prüfung der Echtheit der Scheine verläuft eher oberflächig. Zumal wir ja nicht wirklich oft mit Dollars zu tun haben. Wasserzeichen? Ja vorhanden. Seriennummer? Dabei. Scheine sind benutzt. Gut. Beruhigend ist die Abgelegenheit von Murgab. Unser Käufer hat zumindest nicht genug Zeit gehabt Fälschungen aus einer größeren Stadt zu besorgen.
Der Notar braucht angeblich noch eine Stunde, bis wir den Vertrag machen können. Denn auf einen Vertrag wird bestanden. Also warten wir im Haus des Käufers und warten und warten…Insgesamt sicherlich drei Stunden, bis er wiederkommt und sagt, dass es am heutigen Sonntag nicht geht. Wer hätte das gedacht. Also verbringen wir den Tag mehr oder weniger im Hof des Käufers, schlafend, herumgammelnd und unsere Sachen packend. Immer mit der Angst im Nacken, dass der Käufer doch noch einen der von uns so sorgfältig versteckten Mängel am Bus aufdeckt und den Preis wieder runterhandeln möchte. Und wie ich da so sitze und mich umschaue, springt mir sogleich eine achtlos in der Ecke liegen gelassene Handgranate ins Auge. Auf meine Frage, ob das eine Granate sei, antwortet der Bruder des Käufers mit einem Achselzucken. Ja, das sei wohl eine Granate. Waffen scheinen, auch wenn man sie nicht überall zu Gesicht bekommt, im Zuge des vergangenen Bürgerkrieges immer noch allgegenwärtig und nichts besonderes zu sein.Am nächsten Morgen kommen wir endlich zum Notar. Dort wird ein Kaufvertrag auf Russisch ausformuliert und wir schreiben das Gleiche noch einmal auf Deutsch auf um uns abzusichern. Nachdem x-mal irgendwelche Papiere kopiert werden mussten, kommt ein Stempel drauf und alles scheint perfekt. Bis der Käufer auch noch die Kennzeichen und den Fahrzeugschein haben möchte. Ohne kann ich das Auto aber so einfach in Deutschland nicht abmelden. Also lange Diskussionen…
Bis ich sage, dass ich das Auto dann halt in Deutschland gestohlen melden muss. Das möchte man dann doch nicht. Der Käufer gibt sich mit dem internationalen Fahrzeugschein zufrieden, den ich eh nicht mehr brauche. Seine größte Forderung war ein Dokument mit eingetragener Motornummer. Da in Deutschland so was aber nicht in den Fahrzeugpapieren steht, kann ich ihm nicht wirklich helfen.
Nach allem hin und her möchte der Käufer, bevor er uns über die Grenze schleust, noch essen. Wir laufen inzwischen auf dem Zahnfleisch, wollen einfach nur weg. Bevor sich ein neues Problem auftut.
Also noch gegessen. Im Nachhinein hat uns diese Mahlzeit sehr geholfen…
Ab diesem Moment geht es ohne unseren zuverlässigen, genügsamen, fahrbaren Unterschlupf weiter. In einem China-Taxi fahren wir die letzten Kilometer zur kirgisischen Grenze. Hin- und hergerissen zwischen der Freude endlich aus Murghab wegzukommen und der Trauer unseren Begleiter über so viele Kilometer so kurz vor dem Ziel zurückzulassen, durchqueren wir bei Pamir-Popmusik mehrere Bäche, fahren zehn Meter von dem Chinesischem Grenzzaun entfernt entlang und erreichen die Grenze am späten Nachmittag.
Begrüßt werden wir durch den Knall von Gewehrschüssen. Anscheinend haben die Soldaten gerade Langeweile und schießen mal ein bisschen nach Kirgistan oder China rüber. Die Grenze befindet sich kurz vor einem 4300m hohen Pass mitten in den Bergen. Es weht ein kalter Wind von Norden und die Soldaten halten sich in einer Art Arktiscontainer auf, wo man dann zum Abstempeln des Passes hinein gebeten wird. Dort sitzen wir wie in einem U-Boot. Während manche Soldaten in ihren Doppelstockbetten liegen und dösen, sitzt der ranghöchste auf einem Stuhl dazwischen und bittet uns auf einem der Betten Platz zu nehmen. Der Noodledude ermahnt mich immer wieder bloß keinen Smalltalk einzugehen. Zusammen geraucht wird dann trotzdem. Anscheinend hat unserer Autokäufer mit den Grenzbeamten einen Deal. Wir werden weder nach irgendwelchen Zollpapieren gefragt, noch werden unsere Rücksäcke durchsucht. Ein bisschen ungläubig schaut man uns schon an, als klar wird, dass wir jeder mehr als 40 Kilo Gepäck haben und der ND sich auf eine bereits an unzähligen Stellen mit Ducktape zusammengehaltene Tragetasche vom Basar in Istanbul verlässt. Zwischen der tadschikischen Grenzstation und der kirgisischen liegen zwanzig Kilometer, ein Pass von 4.700m und, wie mir jemand mitteilte, einige Landminen. Wir verlassen also zusammen mit dem Käufer die Grenzstation, geben ihm unsere bis dahin mitgeführte Sicherheit; die Schlüssel vom Auto und den internationalen Fahrzeugschein. Schon fängt es an zu schneien. Bei eiskaltem Gegenwind und schlechter Sicht geht es die letzten Meter auf den Pass hoch. Meine ca. 45 Kilo Gepäck, verteilt auf drei Rücksäcke lassen mich jedes Gelenk meines Körpers einzeln spüren. Während der Noodledude sich ziemlich an der Basartasche, einem Rucksack und einem Ökostoffbeutel abschleppt, komme ich zumindest langsam aber stetig voran. Da ND langsam erste Anzeichen von Höhenkrankheit zeigt (oder ich selber Höhenkrank bin und deshalb so denke), laufe ich immer 200 Meter vor, um dann zurückzukommen und ihm beim Tragen zu helfen. Man kommt sich ein bisschen vor, als wäre man zu einer Erklimmung einem der höheren Alpengipfel mit Alditüten ausgestattet, aufgebrochen. Nach ca. einer Stunde haben wir den Pass überwunden und eine halbe Stunde später erblicken wir ein Haus im Niemandsland. 2,5 Stunden nachdem wir die Grenze passiert haben, sitzen wir bei einer Kirgisischen Familie am Ofen und bekommen Yakbutter und andere Leckereien serviert.Erst als langsam wieder Wärme in den Körper eindringt, und der Hunger gestillt ist, kommt ein Gefühl von Wärme, Zufriedenheit und Verwunderung auf. Wir haben es geschafft, wir sind aus Tadschikistan heraus und landen mitten im verschneiten Pamir. Das hat etwas von Weihnachten im August. So zufrieden holt ND gleich sein Origami-Papier heraus und bringt dem Sohn des Hauses bei Kraniche zu falten.

Sonntag, 22. August 2010

So fährt er dahin...

Das letzte Video von meinem treuen Weggefährten über viele Jahre, 80.000km, Höhen und Tiefen, Pässe, Wüsten, Schnee und wahnsinnige Hitze und mindestens 20 Länder, nie hat er mich ohne Vorwarnung im Stich gelassen:
Das letzte Foto:

Abschied von meinem Bus

Über viele Tausend Kilometer trotz Wasserverlust zuverlässiger Begleiter!

Ungarn
Budapest
Sofia
Detail
Bosporus
Navigation
Über Tatvan
Vansee

Iran
Wüste Lut

ab in die Wüste
Oase
Sackgasse
Kaspisches Meer



Ashgabat
Anfang Pamirhighway
Pamirhighway

Abgeschleppt!
Huckepack

Freitag, 20. August 2010

Total abgefuckt in Murgab

Neuer Tag, neues Glück! Wir versuchen noch einmal unser Glück an der Straße abgeschleppt zu werden. Lange geht gar nichts. Die Mongol-Ralley-Kids halten nicht einmal an, als wir versuchen sie zu stoppen. Ihr Glück, dass ich sie nie wieder treffen werde. Selbst Franzosen vom Roten Kreuz und dem besten Geländewagen seit Duschanbe, haben Angst ihr Auto könnte kaputt gehen und lassen uns einfach stehen. Das gibt es einfach nicht. Aber das ist mal wieder typisch für die NGO Fuzzis: „Ich möchte was zum Guten verändern in der Welt.“- Aber nicht in der Lage zwei liegen gebliebenen Studenten zu helfen.
Endlich kommt die Erlösung: Vier Polen (die ersten Polen, die wir auf unserer Reise treffen) halten mit ihrem Landrover an und geben uns erst einmal was zu essen (Polnische Pastete!) um uns dann mit all ihren Kräften abzuschleppen. Das Abschleppseil reißt dreimal, das Stahlseil, was eigentlich bis 4 Tonnen halten soll, gleich beim ersten Versuch. An den Pässen müssen alle, bis auf die Fahrer aussteigen, weil wir sonst nicht hinüber kommen. Wir fahren auf der schmalen Straße zusätzlich Serpentinen. Kurzum, 40km echte Knochenarbeit bis Alichur, dem nächst größeren Dorf. Auf dem Weg dorthin treffen wir zufällig dann auch noch eine Expeditionsgruppe von Polen, die stolz verkünden, sie hätten als erste Polen China ganz mit dem Auto durchquert.Darauf wird natürlich einer gehoben!Hier sei noch einmal ganz herzlich den ersten Menschen, die sich auch im Pamir wie welche verhalten haben gedankt und verkündet, dass ihr jederzeit eine Übernachtungsmöglichkeit in Berlin habt!
In Alichur verabschieden wir uns herzlich von den Polen, treffen wieder den Neuseeländer und finden eine Studentin, die für uns übersetzen kann. Wir bieten dem der die Zylinderkopfdichtung repariert 60$. Alle sind dabei und versprechen, dass es überhaupt kein Problem ist das entsprechende Werkzeug herzustellen. –Ist es doch. Also das Dorf gegeneinander ausgespielt und den Preis für einen Trucktransport von 240$ für 100km nach Murgab auf 160$ gedrückt. Gesagt, dass sonst einer von uns mit dem Taxi fährt und dann einen preiswerteren Truck aus Murgab holt… Allerdings hat unserer Truck kein Nummernschild und muss uns deshalb 1km vor Murgab absetzen. Wir sind einverstanden. Nebenbei werden wir von der hübschen Studentin zu ihr nach Hause eingeladen, mit der Bemerkung ihre Eltern sind nicht da… Also dort noch ein Tee getrunken und unsere Reiseapotheke an das Dorf verschenkt.Am nächsten Tag wird der Bus verladen, wobei sofort die Holzbodenbretter vom Truck brechen… Die nächste Unwägbarkeit ist die Länge der Ladefläche. Die Hinterreifen des Busses stehen nur zu einem Drittel auf ebendieser. Alles angeblich kein Problem.Während ND nur noch mit dem Kopf schüttelt und dagegen ist, das Auto so über zahlreiche Schlaglöcher, und Steigungen zu transportieren, treffe ich mit Magenscherzen die Entscheidung. Aus allen Reifen wird die Luft herausgelassen, damit der Bus nicht von der Ladefläche springt. Mit alten Telefonleitungen wird er dann abgespannt… Wir bestehen darauf, dass wir bis ins „Zentrum“ von Murgab gefahren werden, da wir ohne Luft in den Reifen ja auch nicht den letzten Kilometer abgeschleppt werden können. Also muss noch der Dorfpolizist mitkommen, damit die Polizei am Checkpoint uns durchlässt. Ich beschließe im Bus mitzufahren und die Vorderradbremse zu betätigen, weil das so ziemlich das Einzige zuverlässige an dieser Konstruktion ist. Ein alter Mann möchte auch noch mit und so sitzt er dann auf dem Beifahrersitz.Mit guter Aussicht geht es dann mehrere Stunden an erstaunten Nomadengesichtern vorbei bis nach Murgab.
In Murgab werden wir, wieder einmal vom erstaunten Neuseeländer Fahrradfahrer begrüßt. – Schon wieder der Höhepunkt unseres Tages. Außerdem trafen wir einen bärtigen Mopedfahrer mit einem Kennzeichen aus Rothenburg/Wümme. Allerdings wurde das Moped erst in Bishkek angemeldet und wird vermutlich auch dort wieder abgemeldet
Hätten wir doch bloß so ein Moped genommen...
Murgab stellt sich als ziemliches Kuhdorf (wenn’s denn überhaupt Kühe gäbe) heraus. Ich habe inzwischen vom dauerhaften Bremsetreten Krämpfe. ND hat Kopfschmerzen und Fieber. Nachdem ich von Malaria an der Tadschikisch-Afghanischen Grenze erzählt habe und uns ein paar Einheimische dort vor den Mücken gewarnt haben, glaubt er, er hätte Malaria. Vermutlich machen ihm die Höhe und eine Erkältung zu schaffen. So lädiert müssen wir uns zusammenreißen um in den nächsten Tagen konzentriert zu verhandeln, so tun, als ob es uns wunderbar ginge und wir notfalls einfach einen Transporthubschrauber rufen, der uns mitsamt Auto bis nach Osh bringt... So lernen wir die wichtigste Regel des Pamir, vielleicht ganz Tadschikistans: Egal wie schlecht es einem geht – niemals preisgeben, dass es so ist. Einfach so tun, als hätte man eine ganze Menge Optionen, ein Satellitentelefon in der Tasche, genug zu Essen, Geld und gute Laune. Niemals sagen, dass man in einer beschissenen Notlage ist. Alles wird sofort doppelt so teuer, weil man es ja wirklich braucht.
Wir werden, nachdem ich ein paar kirgisische Mechaniker erfolglos nach dem entsprechenden Werkzeug gefragt habe, zum angeblich „besten Mechaniker Murgabs, ja wenn nicht des Pamirs“ weitergereicht. Wieder sage ich, dass er nur Geld bekommt, wenn er es schafft die Zylinderkopfdichtung auszutauschen. Man ist sich einig. Das Auto wird 500 Meter zur Werkstatt geschleppt.Wobei der Fahrer natürlich Benzingeld für diese Strecke haben möchte. Wir haben inzwischen keine 100$ mehr in der Tasche um bis nach Kirgistan zu kommen. ND geht Geld tauschen, wobei er die 50€, die ich noch als allerletzte Reserve dabei habe, nur zu einem absolut schlechten Kurs loswird. Kreditkarten kann man im Umkreis von mindestens 300km völlig vergessen. Als wir nach einer Möglichkeit fragen, Geld abzuheben werden wir nur ausgelacht.
So stehen wir bei der Werkstatt des Mechanikers unseres „Vertrauens“. Nach zwei Stunden Rumprobieren mit den Schrauben, setzen ND und ich uns daneben und fragen uns langsam, was zu tun ist. 1. Möglichkeit: Einer von uns fährt nach Khorog, Werkzeug besorgen. –Problem, wenn es in Khorog kein Werkzeug gibt, muss man weiter bis Duschanbe. 2. Möglichkeit Einer fährt nach Osh und holt da Werkzeug, was nicht unwahrscheinlich ist, ganz Kirgistan fährt Audi oder VW. Problem: Wir haben zwar ein Visum für zweifache Einreise in Tadschikistan, aber kein solches für Kirgistan. Wir entscheiden uns für die 3. Möglichkeit, auch aus Zeit- und Geldgründen (eigentlich haben wir nicht mehr das Geld um ohne Auto weiterzukommen, nur noch genug Diesel): Auto verkaufen. Uns ist klar, dass wir nicht denselben Preis wie in Bishkek erzielen würden -es wäre wahrscheinlich der einzige VW-Bus in Tadschikistan- und dass es nicht wirklich einfach sein wird das Auto zu verzollen, aber die ersten Interessenten haben sich schon gemeldet, ein paar Taxifahrer. Langsam mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut (erstmal den Gegenüber runtermachen) lache ich sie für ihr China-Taxi aus. So wecke ich noch mehr ihr Interesse. Während die Mechaniker noch versuchen die Schrauben zu lösen, befinde ich mich schon in Preisverhandlungen. 1000$ werden mir geboten. Wir merken, dass es so nicht weitergeht, außerdem haben die Mechaniker noch nicht aufgegeben. Also schicken wir die Taxifahrer nach Hause und essen erst einmal mit den Mechanikern zusammen, wir werden eingeladen (auf die Pamir-Art: am Ende wird einem die Rechnung für das Essen präsentiert), zu salzigem Milch-Tee und Brot. ND geht noch zum Neuseeländer, Richard, der ihm, als er von unserem Geldproblem hört, direkt 200$ leiht, einfach so, noch nicht einmal unsere vollen Namen möchte er wissen.
Am nächsten Tag vertrösten wir alle potentiellen Käufer auf den Abend, suchen halbherzig in Murgab nach einem passenden Torxschlüssel (ein Audifahrer hat tatsächlich den Gleichen, nur halt etwas kleiner). Letztendlich räumen wir aber unsere Sachen zusammen, machen das Auto sauber und sortieren was verschenkt werden kann. Nebenbei entdecke ich bei dem Mechaniker einen Inbussatz, der doch tatsächlich das Preisschild von Autotip in Berlin trägt. Unfassbar, wir sind nicht die ersten Berliner, die hier verrecken.
Eigentlich wollten wir ja unsere Sachen, die wir nicht mehr brauchen, verschenken, aber als die ersten nach den Preisen für den Ramsch, der vor dem Wagen liegt, fragen, tut sich uns eine Möglichkeit auf mit Genugtuung den Pamir zu verlassen, wir verscherbeln den ganzen Kram an halb Murgab, bekommen für die unsinnigsten Dinge (Taucherbrille im Pamir…) Geld. Der Noodledude geht voll als Bazarhändler auf, während ich mich köstlich amüsiere. Die am Anfang so uninteressierten Käufer für den Bus werden nun auf einmal ziemlich aufgeregt. Die ganzen Fragen von vorbeikommenden Leuten nach den Preisen für die Werkzeuge, für die unsere Interessenten angeblich gar keine Verwendung haben, verunsichern sie. Irgendwo hat man doch Angst, dass der Wagen einem vor der Nase weggeschnappt wird… Man ist inzwischen bei 1500$. Ich erkläre, dass ich morgen nach Osh fahre und Ersatzteile hole, weil so billig könnte ich den Wagen ja nun wirklich nicht verkaufen… (In Wirklichkeit bleibt uns nichts anderes übrig als zu verkaufen. Die Mechaniker haben inzwischen aufgegeben und, wie sich später rausstellt auch im 300km entfernten Khorog gibt es nicht den entsprechenden Torx-Schlüssel.) Ich bin mir darüber im Klaren, schaffe es aber den Käufer auf einer emotionalen Ebene bis auf 2000$, plus freies Geleit über die Grenze, hoch zu treiben. Ich schlage sofort ein. Danach wird immer wieder versucht den Preis wieder nach unten zu drücken. Und immer wieder sage ich, dass ich nicht weiß wie das im Pamir ist, aber in Deutschland zählt der Handschlag eines Mannes. Die dadurch entstehende Verlegenheit sorgt weiterhin für einen stabilen Preis, obwohl das Geld noch lange nicht gezahlt ist... 
In der Nacht muss natürlich noch beim Käufer zu Hause auf den Deal angestoßen werden und wir bekommen das beste Essen seit Samarkand. Dass sich die Bude des Käufers im abgefucktesten Viertel von Murgab befindet und der Wodka die ganze Zeit nachgeschüttet wird, macht uns etwas stutzig. Aber unsere Sorgen scheinen unbegründet, der Kauf wird besiegelt und danach geht es noch (es ist Samstagabend) in ein Konzert, und das in Murgab! Wer dort gewesen ist, weiß was ich meine.