Donnerstag, 12. August 2010

Raus aus dem Knast – Weg aus Usbekistan - Rein ins nächste Abenteuer – Tadschikistan

Als ich im Kinderladen war haben ein paar andere Kinder ziemlich damit angegeben, dass ihre Väter im Knast gesessen haben. Wie sich meistens herausstellte war das nur für eine Nacht, aber immerhin. Ich konnte mit so etwas nicht angeben. Der Noodledude macht mich nun darauf aufmerksam, dass meine Kinder jetzt zumindest auch damit prahlen können, dass ihr Vater es in den Knast geschafft hat. Ich gebe zu bedenken, dass wir ja nicht richtig im Knast waren. Wir haben auf dem Hof im VW Bus geschlafen und keine Tür ist scheppernd hinter uns ins Schloss gefallen, höchstens das Hoftor. ND lässt keine Bedenken zu. Was wäre denn gewesen, hätten wir nicht darauf bestanden im Auto zu schlafen...
So klingelt dann auch der Wecker am Morgen. Ich bin sofort hellwach, während der ND anscheinend auch im Gefängnis seinen Schlaf braucht. Wir hatten den Wecker extra gestellt um nicht am Morgen von irgendwelchen Schergen aus dem Schlaf gerissen zu werden.
Ich schnorre mir von einem Polizisten eine Zigarette, gegen das Magenknurren. Wir haben seit gestern früh nichts mehr gegessen, weil wir aus Trotz nichts von dem uns angebotenen Essen annehmen wollten.
Kaum hab ich die Zigarette angezündet werden wir auch schon zurück in das Gebäude der Miliz geführt. Der General oder wer auch immer; der Oberpapenheimer ist inzwischen eingetroffen und möchte noch einmal unsere Geschichte hören. Es gibt immer noch keine Übersetzer. Der Noodledude weigert sich überhaupt noch etwas zu sagen und als der General anfängt von „Straff“ zu sprechen, sprechen wir nur noch von der deutschen Botschaft. Das scheint zu genügen. Innerhalb von einer halben Stunde sind die 3(!) Lehrer aus der Schule geholt um zu übersetzen. Das wird ND gerade noch rechtzeitig vor seinem Wutausbruch mitgeteilt. Die Übersetzungen gibt’s auf Englisch oder auch Deutsch, ganz wie wir wollen. Während eine anscheinend verzweifelte Frau im Wartezimmer der Miliz zusammenbricht und weint, was das Zeug hält, gibt der General entnervt unsere Variante der letzten Nacht auf Russisch zu Protokoll. Die Lehrerinnen scheinen das ganze Prozedere auch ziemlich befremdlich zu finden und bemerken gleichfalls auch die Dummheit des Oberpolizisten. Nachdem wir das Papier dann unterschrieben haben, biete ich den Übersetzerinnen an, sie nach Hause zu fahren. Eine richtige Entscheidung. Obwohl wir übereingekommen waren, endlich nach Tadschikistan fahren zu dürfen, wird das Tor des Hofes nicht geöffnet. Die Anwesenheit der Übersetzerinnen gibt uns Sicherheit und ich bin überzeugt, wären sie nicht da gewesen, hätte es noch einen weiteren Vorwand gegeben uns aufzuhalten und eine „Straff“, oder zumindest „Stellplatzgebühr“ für die Nacht im Gefängnishof zu verlangen. Als der Miliz auch endlich klar ist, dass die Übersetzerinnen nicht von unserer Seite weichen und sie nicht ohne großes Aufsehen kassieren können, geht das Tor dann auch endlich gegen Mittag auf.Die Übersetzerinnen werden von uns noch schnell nach Hause gebracht, nicht ohne uns zuvor den Weg zum richtigen Grenzübergang zu weisen. (Nicht nur nach dieser dieser Nacht haben wir das Gefühl, was sich in Zukunft noch verfestigen wird, dass die Hellsten in Zentralasien nicht gerade die Männer sind...)
Wir fahren also frohen Mutes und in der Gewissheit uns kann nichts mehr erschüttern mit den letzten Tropfen des Diesels vom usbekischen Schwarzmarktes und knurrenden Mägen zur tadschikischen Grenze. Mit dieser Gewissheit passieren wir dann auch die Grenze. Während alle sich anständig anstellen, fahren wir einfach vors Tor, sodass wir vor allen anderen passieren müssen, weil sonst keiner durchkommt. (Übrigens ein guter Trick an allen Zentralasiatischen Grenzen –und vielleicht auch anderswo; einfach das Auto so hinstellen, dass der ganze Grenzverkehr zusammenbricht, so geht’s schneller und man bekommt eine weniger gründliche Durchsuchung des Autos.) An der Grenze geben wir natürlich nicht an, dass wir 500$, 40SFR, und 50€ dabei haben. Wir haben exakt genauso viel Geld, wie bei der Einreise dabei. Sonst kann es empfindliche Strafen geben… Einem Schweizer Pärchen hinter uns war das nicht so bewusst und schon gibt’s Scherereien. Die Usbekischen Zollvorschriften kennen halt noch keine Kreditkarten und Geldautomaten… Man darf einfach nicht mehr Geld bei der Ausreise, als bei der Einreise dabeihaben. Logisch, ist doch klar, man könnte ja sonst einfach nach Usbekistan fahren und seine Schwiegermutter auf dem Schwarzmarkt verkaufen! Entgegen aller unserer Erwartungen ist die Zollbeamtin aber kulant. Sie bekommt unseren Orden für Fairness an Grenzen: Sie lässt die Schweizer ihre Zollerklärungen einfach noch mal mit falschen Angaben ausfüllen.
Wir bieten den Schweizern und einem russischen Arzt, der für uns übersetzt, an, sie bis nach Khujand mitzunehmen und so fährt eine kleine lustige Gruppe auf einer perfekten Straße an dem ersten „Willkommen“-Schild seit der Türkei vorbei. In Tadschikistan wird alles anders. Wir sind voller Erwartung, fühlen uns allein schon wegen dem Schild und weil die tadschikischen Grenzsoldaten nicht unfreundlich waren überaus freundlich empfangen.
Die Freude hält genau eine Stunde bis Khujand... Wir wollen uns Registrieren, (weil die Tadschikische Botschaft in Berlin uns irrtümlicherweise keine Touristen- sondern Privatvisas ausgestellt hat.) wobei sich herausstellt, dass mein Tadschikisches Visum im Gegensatz zu dem von ND keinen Stempel der Botschaft hat und wir deshalb schnellstmöglich nach Duschanbe fahren sollen. (Dabei muss erwähnt werden, dass die Straße nach Duschanbe zu einer der schlechtesten unserer Reise gehört und bei einer Fahrzeit von 12-16 Stunden über zwei Pässe führt. - Was wir bis dahin aber noch nicht wissen.)
Wir lassen uns die gute Laune (zumindest noch) nicht verderben und baden ersteinmal zusammen mit den Schweizern im Syr Darya um uns dann zum Essen einladen zu lassen. Danke Euch nochmal für das erste Essen seit 1,5 Tagen! Es war super lecker und ein netter Abend.
Gesättigt und bereit für die nächsten Kilometer wollen wir uns also auf den Weg nach Duschanbe machen. Langsam bewegen wir uns aus der Stadt heraus und... werden natürlich sofort von der Polizei herausgewunken. Wir sollen hinter dem Polizeiwagen bis zur Wache hinterherfahren. Wahrscheinlich erwartet man ein dickes Sparschwein, welches man jetzt gemeinsam schlachten kann. Zwischendurch wird noch auf freier Strecke angehalten und versucht uns dort abzuziehen, schlägt aber fehl. Als wir dann an der Wache ankommen ist ND schon auf 180 und springt sofort aus dem Wagen und beschimpft den Kommandanten. Außerdem verlangen wir eine Erklärung, warum wir überprüft werden. So schnell fällt keinem was ein, bis der Kommandant irgendwas von "Straff" redet und es uns beiden zu bunt wird. Wir haben genug von Polizisten, einer dümmer als der andere und wie kleine Kinder versuchend sich immer wieder Strafen zu erbetteln. Als dann der Kommandant, umringt von der ganzen Meute anfängt etwas davon zu schwafeln, wir wären bei Rot über die Ampel gefahren, lacht der Noodledude ihn nur noch herzhaft vor seiner ganzen Mannschaft aus und wir steigen ins Auto und fahren weg. Niemand folgt uns. Der gute erste Eindruck von Tadschikistan ist verflogen.

1 Kommentar:

  1. Hatte ich wohl vergessen, euch vor den schlechten Straßen in Tadjikistan zu warnen. Wie ihr ja bereits bemerkt habt, sind die Straßen oben im Pamir besser als unten um die Hauptstadt rum. Wer es dein beiden nachmachen will, fährt auf den Pamir besser von der anderen Seite aus hoch, von Kirgistan aus. Dann wäre das allerdings nicht mehr so schön "planlos" wie unsere beiden Helden das machen.

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