Freitag, 30. Juli 2010

Mit Elan nach Turkmenistan

Abends noch schnell wie sooft ein paar Fleischspieße am Straßenrand gegessen und dann einen Schlafplatz kurz vor der Grenze nach Turkmenistan gesucht.
Morgens mal wieder von ein paar sympathischen Kids aufm Motorrad geweckt worden. Das Frühstücken verschieben wir dann aber trotzdem auf den iranischen Grenzort Bajgiran.Der Bulli kämpft sich tapfer die letzten Kilometer bis zum Grenzpass hinauf. Wir wollen noch tanken, da auf unserer Karte eine Tankstelle in diesem Ort eingezeichnet ist. Tankstelle scheint es nicht zu geben, genauso wenig wie irgendetwas anderes Interessantes. :-(Also kurz gefrühstückt und hoch zur modernen Grenzstation auf dem Pass. Wir beschließen 5$ bei einem Mann ,der uns bei den Grenzformalitäten hilft, zu lassen. Der Grenzbeamte ist gerade beim Tee trinken. Also ein bisschen iranisches Fernsehen geschaut. Gerade werden die „Afghanistanprotokolle“ aus dem Spiegel zitiert. Interessant, in einem Land in dem der Spiegel offiziell nicht verkauft werden darf, wird das was gerade passt rausgepickt und zitiert...
Wie erst die Presse in Turkmenistan ist, dessen Regime gerne in eine Reihe mit Nordkorea und Burma gestellt wird?
Endlich werden wir über die Grenze gelassen, stellen fest, dass die 5$ eigentlich überflüssig waren – hätten wir alles auch gut selber erledigen können.
Vor der Turkmenischen Seite beschließt der Noodledude alles noch ein bisschen entspannter angehen zu lassen. Also Auto vor der menschenleeren Grenzstation geparkt und einfach desinteressiert in den Wartesaal gesetzt. Funktioniert wunderbar. Auf einmal müssen nicht wir von Einem zum Anderen rennen, sondern die Grenzbeamten nehmen uns an die Hand und erledigen alles mit uns zusammen. Dafür kostet auf einmal alles Geld – Willkommen in Zentralasien! – Gesundheitscheck (eigentlich nur ein Papier), Bearbeitungsgebühr, Eintrittsgebühr, Desinfektion und was noch... Wir waren ein bisschen Blauäugig und sind davon ausgegangen, dass wir auch hier mit Euro weiterkommen... Also zu schlechten Raten unsere Euros in Dollar umgetauscht mit denen wir dann bezahlen können. (An jeden, der nach Zentralasien reist: Keine Euros mitnehmen!)
Dann die übliche Frage: „Driver?“ Ich bin der „Driver“. Also werden wir getrennt und während ich mich mit einem Zollbeamten über die Anzahl der Sitzplätze im Bulli streite (er meint, dass die sechs Sitzplätze im Bus nicht „Original“ seien, sondern zehn...und er hat Recht – denn, wie wir ja seit unserer Kindheit wissen: „Wer lauter schreit hat immer Recht...“), muss der Noodledude auf der Fußgängerseite die Grenze überqueren.
Ich lasse also Unsummen an der Grenze (ca. 160$ oderso) nur dafür mit einem Auto für 5 Tage nach Turkmenistan hinein zu fahren. Asugenommen wie eine Weihnachtsgans fahren bergab in die Turkmenische Wüste, rein nach Ashgabat.
(An dieser Stelle sei vorab gesagt, dass wir nicht ganz frei im Berichten über Erlebnisse mit einzelnen Menschen sind, da dieser Blog öffentlich ist und selbst der Autor des Lonely Planets aufgrund des autoritären Regimes in Turkmenistan anonym bleibt.)Ashgabat ist eine Stadt, die in Marmor glänzt, deren Straßen rund um die Uhr in Handarbeit gefegt werden und in der an jeder Ecke ein Polizeiwagen steht. Nur Menschen scheint es keine zu geben... Leben auf der Straße – Fehlanzeige. Das was wir eigentlich nach der Türkei schon im Iran vermisst haben, gibt es hier noch weniger, eigentlich gar nicht.
Dadurch das wir mit unserem Transitvisum keine Registrierungspflicht haben, schlafen wir im halblegalen Hostel von Murat für 10$ die Nacht. Murat ist sympatisch, scheint aber doch etwas beunruhigt zu sein, ist das Viertel in dem sein Haus steht doch anscheinend das letzte, was noch nicht für irgendwelche komischen Marmorhochhäuser abgerissen wurde und demzufolge wahrscheinlich als nächstes dran.
Wir verbringen zwei Tage in Ashgabat mit dem Genießen einer Freiheit die wir in den letzten Wochen nicht hatten. Wir ziehen durch die Bar(s) von Ashgabat. (Ansonsten gibt es nicht viel zu sehen in dieser Stadt mit dem großen goldenen Buch von Turkmenbashi, dem Erdbebenmuseum zur Erinnerung an das Erdbeben bei dem die Mutter von Turkmenbashi ums Leben gekommen ist und der Statur von Turmenbashi himself, die sich mit der Sonne dreht und golden über die Stadt schimmert.)Eigentlich gehen wir nur ins British Pub, weil wir nicht glauben, dass man in Ashgabat ernsthaft woanders feiern kann. Dort ist eine bunte Mischung aus Ausländern (hauptsächlich französische Ingenieure, Einheimische und einheimische Prostituierte) unterwegs. Letztere sind oftmals sehr schwer von dem Rest zu unterscheiden, denn selbst die zurückhaltende französische Ingenieurin wird in Ashgabat zur "Queen of Dancefloor"... 
Als wir uns auf den Weg in den Pub machen müssen wir erst einmal ein wenig suchen, was zur Folge hat, das wir eine Straße zweimal entlang laufen... - VERDÄCHTIG! - Also sofort Passkontrolle mit Befragung. Was für ein Land.
In der zweiten Nacht unserer nächtlichen Ausflüge in den Britisch Pub treffen wir einen spanischen Journalisten, der gerade aus Kirgistan kommt und über die Unruhen in Osh berichtet. Mit ihm im Schlepptau wir alles noch witziger und als der Britisch Pub schließt versuchen wir ein paar Einheimische zu fragen wo die Party weitergeht. So landen wir dann im Keller eines sicherlich ziemlich teuren Hotels und werden dort von diversen schönen Frauen angetanzt die aber alle sehr enttäuscht abziehen, als wir klarmachen, dass wir ziemlich arme Schlucker sind. Trotzdem zufrieden und seit langer Zeit das erste Mal wieder gut angetrunken ziehen wir alleine zu dritt durch die dunklen Straßen von Ashgabat zurück ins Hostel. Anscheinend hat nach all den Marmorhochhäusern das Geld nicht mehr für eine Straßenbeleuchtung gereicht.

Unsere Route, bis jetzt... #3


Donnerstag, 29. Juli 2010

Schlafen im Hafen

Während wir gefühlt gerade eben noch den Bus am leeren Hafen abgestellt haben, stehen wir schon wieder im prallen Sonnenschein und ich halte es nicht mehr im überhitzten Dachaufbau aus.Schnell aus dem Bus herausgesprungen und voller Verwunderung festgestellt, dass inzwischen der Hafen prall gefüllt mit Fischbooten ist und ich mich mitten im Trubel des Ausladens der Fänge wiederfinde. Also putze ich mir die Zähne und setze mich zwischen die Fischer auf eine Bank um mein gestern angefangenes Buch zu beenden, damit ich es dann endlich in irgendeinem Hostel „vergessen“ kann. Fünf Minuten schaut man mir noch zu, dann halten auch die sonst so distanzierten und zurückhaltenden Fischer die Neugierde nicht mehr aus. Was macht ein VW-Bus aus Deutschland in unserem Hafen? Hat der Ausländer da wirklich da drin geschlafen? Ich bin froh um Abwechslung und fange mangels anderer Kommunikationsmittel an mit Händen und, inzwischen sicherlich auch, einer überzeugenden Mimik ein Gespräch aufzubauen. So erfahre ich dass die Fischer in der Nacht draußen waren und bereits ihre Ladung abgeladen und verkauft haben. Der Fisch scheint nicht so gut zu sein und wird deshalb als Hühnchenfutter verwendet. Mir wird natürlich Tee angeboten und bei geteiltem süßen Chai und Zigaretten werden die Fischer gleich sympathisch.Ich fühle mich gut aufgehoben und weiß gar nicht so Recht warum. Vielleicht gibt es da einen Zusammenhang mit meinen Wurzeln an der Nordseeküste? Wir fachsimpeln über Wetter, Fisch, Motoren und Motorräder. Als ich dann den Dieselmotor des VW-Busses vorführe und die Motorhaube mit einem lauten Knall zufallen lasse, ist auch der Noodledude wach. Verschlafen und verwundert freut auch er sich über eine Chai und das Gespräch bekommt eine Wende zur Politik und Gesellschaft im Iran. Ich bekomme langsam Lust aufs Meer und frage den Kapitän, ob er uns in der nächsten Nacht mitnehmen kann. Er runzelt seine Stirn, lächelt, muss dann aber nach einem Telefonat mit dem Hafenvorsteher abwinken.Dafür lädt er uns noch auf ein ausgiebiges Frühstück ein. Zufrieden über unsere nette Begegnung verlassen wir, nicht ohne vorher noch einen Rundgang über das Fischerboot gemacht zu haben, den Hafen in Richtung Turkmenistan – leider mit dem Auto.
Während ich versuche mit unserer, mir immer schlechter vorkommenden Karte und dem Kompass einen Weg zum Wasser zu finden um das Kaspische Meer nochmal aus der Nähe zu sehen, fährt der Noodledude auf sandigen Wegen in die richtige Himmelsrichtung. Aber so sehr wir uns auch anstrengen einen Zugang zum Meer zu finden, desto mehr müssen wir auch einsehen, dass es keinen Zweck hat.Überall ist das Wasser mit Privathäusern oder Militär verbaut. Und an allen anderen Stellen gibt es einfach keine Weg. Warum nur?

Mittwoch, 28. Juli 2010

Highway to Hell

So schnell kommt man dann doch nicht aus Tehran heraus. Aber Stück für Stück geht es nach Kompass und schlechten Karten in Richtung Kaspisches Meer. Zwischen uns und dem blauen Binnenmeer liegt nur noch das überaus massive Elbusgebirge. So massiv, dass bis heute nur einige wenige Straßen über dieses Gebirge führen. Diese Straßen sind dann entsprechend frequentiert… In Tehran waren wir gewarnt worden, vor den gefährlichsten Straßen im Iran. Das will was heißen. Und tatsächlich wird die Straße nach jeder Kurve steiler und ich kämpfe um nicht mit den 60PS im ersten Gang zu landen und krasse Überholmanöver zu provozieren… Auf dieser Straße scheint alles erlaubt zu sein. Überholmanöver in der Kurve, mal eben aussteigen und die Landschaft bewundern, mit zwei Lastwagen und einem Kleinwagen auf zwei Spuren fahren. - Jemand (!) scheint ein wachendes Auge auf die Passstraße zu haben. Und wen es erwischt, für den war es wahrscheinlich eh schon vorbestimmt. Wir haben Glück unser Schicksal ist uns wohlgesonnen. Während duzende Autowracks in Schluchten liegen und Rettungs- und Abschleppwagen, hinter jedem der Tunnel warten, kommen wir mit dem Sonnenuntergang nach Mahmoud Abad und finden einen ruhigen Schlafplatz am Fischerhafen von Babolsar.

Montag, 26. Juli 2010

In der Wueste nach dem Weg fragen #2

Nach der zweiten Übernachtung in der Wüste, wollen wir noch etwas mehr. Also in die letzte kleine Oase „Mesr“ vor den ca. 300km Nichts, "Kewir" (keine Straße, keine Siedlung, kein Fluss, kein Wasser), gefahren. Mal sehen, ob man eine kleine Abkürzung nach Westen durch die Wüste findet...In der Karte ist eine Straße als „sonstige“ Straße eingezeichnet, was nach unserer Erfahrung alles bedeuten kann, von einer asphaltierten beleuchteten Straße bis zu Fahrspuren durch die Steppe inklusive Flussdurchquerungen. Also durch den Ort durchgerollt, während der starke heiße Wind den Sand aufpeitscht und gegen das Auto wirft. Es scheint sich niemand für uns zu interessieren. Erstaunlich, sind wir doch der Überzeugung das wir schon ein mittleres Aufsehen wert wären, mit unserem Bus von Berlin bis an dieses letzte bewohnbare Fleckchen. Aber nichts. Also weiter in die Wüste. Und tatsächlich werden aus der Straße Fahrspuren und wärend sich der VW-Bus langsam durch den Sand wühlt, trocknet auch die letzte Hautpore völlig aus. Ich fahre einigermaßen schnell, um mit dem nur bedingt geländegängigen Bus nicht im nächsten Sandloch stecken zu bleiben. Die Geschwindigkeit ist der Fehler. Alles was nicht hundertprozentig fest mit dem Bus verbunden ist, scheppert einmal laut, als der Wagen wieder aufsetzt, nachdem ich eine nicht zu verachtende Bodenwelle übersehen habe. Es ist heiß, ein auf Hitzestufe drei eingestellter Föhn bläst mir mit Sturmstärke Sand ins Gesicht, ich sitze im eigenen Schweiß, Salzkrusten auf der Stirn und die Sonnenbrille tut ihr übriges um derartige Unaufmerksamkeit hervorzurufen.Wir drehen um, da unsere Spur gerade im Sand verläuft. Den ersten Menschen, den wir auf dem Rückweg zum Ort treffen, fragen wir nach dem Weg. Während er mit seinem Trecker gerade Sand (!) in der Wüste ablädt, steige ich aus, zeige nach Westen, dazu einen Ortsnahmen. Er schaut mich an. Ich zeige in Richtung von in einem Dünenfeld verschwindenden Fahrspuren, die ungefähr Richtung Westen gehen. Er nickt. „Are.“ Ja. Er sagt noch etwas von Mesr, der Ort aus dem wir gekommen sind und macht sich dann auf den Weg zurück. Wir sind wieder allein in de Wüste. Ich drehe mich zum Auto um und jetzt, erst jetzt fällt mir auf, dass ich bei dem vorherigen Flugversuch mit dem Bus, den gesamten Kühler herausgerissen habe. Er hängt noch an einzelnen Schrauben, macht allerdings eine sehr Schlechte Figur im Windkanal. Als ich nun das Wasser über die Stoßstange fließen sehe, wird mein Albtraum war. Mit kaputtem Kühler in der Wüste.Ein Glück, nach zehn Minuten ist der Kühler wieder abgedichtet und auch die vier Schrauben, die ihn fixieren wiedergefunden und festgemacht. Ich hatte diese Schrauben immer aus Bequemlichkeit nicht festgeschraubt um jederzeit schnell an den Motor kommen zu können. Gerade deswegen wurde ich in Berlin von den Automechanikern meines Vertrauens gewarnt. „Wenn VW ne Schraube irgendwo sparen kann, dann kannste dir sicher sein das se dit och machen.“ (@Marc: Danke für den Tipp, ich werde ihn ab jetzt beherzigen. Wer nicht hören will muss fühlen.)
Also geht es weiter, immer den Fahrspuren hinterher, ca. vierzig Kilometer sollen es sein. Immer wieder ist eine Düne über den Weg gewandert, sodass man auf ihre sandigen Auslдufer ausweichen muss und sich so langsam durch den Sand wühlt. An anderen Stellen ist der Untergrund wieder hart und gut befahrbar. Dafür verlieren sich die Fahrspuren und es geht nach Kompass weiter. Immer mir dem Hintergedanken: „Wenn jetzt was passiert, was dann.“, „Warum haben wir keine Sandbleche und Schaufeln, nur einen kleinen Plastik Klappspaten dabei?“, „Was ist, wenn der Kühler Schaden genommen hat?“ Als ich dann auch noch anfange zu zweifeln, ob ich denn Rückweg wiederfinden würde, entschließen wir uns umzukehren. Tatsächlich verweht unsere Spur schon im Sand und wir sind froh, das Dorf wieder zu erreichen. Dort nochmal nachgefragt und tatsächlich gibt es gar keinen Weg, dort wo wir gefahren sind, sondern man muss erst nach Süden, wo man dann eine wunderbar aufgeschotterte Piste vorfindet und nach 35 Kilometern auch eine asphaltierte Straße.
Warum sagt uns der Traktorfahrer dann, dass wir nach Westen (in das Sandduenenfeld) fahren sollen? Ich glaube, er hat mir einfach nur gesagt, als ich ihn gefragt habe, ob es nach Westen weitergeht: „Ja, es ist grundsätzlich möglich, aber vielleicht solltet ihr lieber die Schotterpiste im Süden nehmen. Aber jeder muss seine eigenen Erfahrungen sammeln.“ Das haben wir gemacht. Beim nächsten Mal nehmen wir ein GPS mit oder lernen Farsi.

Sonntag, 25. Juli 2010

In der Wueste nach dem Weg fragen #1

Das Übliche: Die Straße, die wir gerade gefahren sind ist gar nicht auf der Karte eingezeichnet und die Kilometerangaben auf der Karte stimmen vorne und hinten nicht. Immerhin die Orte und Höhenlinien scheinen so ungefähr an ihrem Platz zu sein. Die schlechte Karte ist in der Wüste, bei insgesamt eingeschränkten Optionen dann auch ziemlich lästig. Also, nachdem wir das erste Mal die Wüste in West-Ost Richtung von Yasd nach Tabas durchquert haben und immer noch nicht genug bekommen können, lieber nachgefragt um auch die richtige Straße zurück nach Westen zu erwischen. Der ND treibt einen Busfahrer auf, der mit seinem knarzenden und quietschenden Bus bis zur entsprechenden Abzweigung vorfahren möchte.
Als wir den entsprechenden Abzweig erreicht haben, lässt es sich der Busfahrer nicht nehmen nochmal auszusteigen und uns darauf hinzuweisen, dass wir ja alle Arier sind, sozusagen aus einem Ei. Normalerweise ist das dann der Moment in einem Gespräch, in dem ich versuche deutlich zu machen, dass wir nicht so viel von Rassentheorien halten. Aber es ist einfach zu heiß und zu umständlich, zumal der Beifahrer ausgestiegen ist und anfängt an meinem Spielzeug T1-VW Bus rumzufummeln, was meine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Also verabschiedet und weiter geht’s...HALT, da wir immer vergessen Fotos zu machen, wenn wir mit Menschen ins Gespräch kommen, noch schnell ein Foto. Am besten vor dem Bus. Busfahrer und Beifahrer wollen sich gerade aufstellen, da fällt dem Busfahrer ein, dass noch Jemand mit aufs Foto muss. Also wird der arme Ali aus seinen Träumen im inneren des Busses gerissen und muss mit aufs Foto. So steht er dann verschlafen da, in einem Land, indem ich noch niemanden mit kurzer Hose rumlaufen habe sehen...

Freitag, 23. Juli 2010

Auf Marco Polos Spuren am Tor zu den Wüsten Kewir und Lut


Yazd ist unsere Möglichkeit zu verschnaufen. Im schönen Silk Road Hotel nehmen wir uns das preiswerteste Zimmer ohne Klimaanlage. Wir haben eine Dusche, es gibt gutes Essen, fast schon etwas indisch.
ND interessiert sich sehr für den Zoroastrismus, der hier eine weit verbreitete Religion ist. Ich glaube sogar die erste monotheistische Religion der Welt. Wir besuchen einen Feuertempel und rhythmische Ringkämpfe unter der Erde, die beide etwas mit der Religion zu tun haben. Ganz geht mir das dann aber doch nicht auf.
Sima und Milad müssen schnell abreisen und wir treffen zwei Französinnen, mit denen wir zusammen abends auf den Dächern der Stadt essen. Wir treffen Martin, der mit dem Motorrad unterwegs ist und sich später über den nahen Osten, Ägypten, Äthiopien, Jemen, Südostasien bis nach Australien durchschlagen wird. Martin hat unseren Humor und wir haben ein paar angenehme Gespräche. Hier am Rande der Wüste, laden wir unsere Batterien auf und bereiten uns moralisch auf die Wüste vor. Martin: „Egal was passiert, trinkt kein Kühlwasser!“ ND: „Wieso, dann geht’s wenigstens schön schnell.“
Yazd ist eine Stadt, deren Leben sich hauptsächlich in irgendwelchen beschatteten, beinahe unterirdischen Basaren, Zisternen und Kaffeehäusern abspielt. Dass mein Namensvetter Marco Polo genau hier auch verweilt hat, genau dieselben Karawansereien passiert hat und in derselben Stadt, Chai mit Zarathustriern getrunken hat, beeindruckt mich. Yazd macht den Eindruck, als hätte sich hier nicht viel in den letzten Jahrhunderten verändert. So ähnlich muss Marco Polo die Stadt auch wahrgenommen haben. Mit Ihren Windtürmen, die durch ein ausgeklügeltes System dem Wasser in riesigen Zisternen Feuchtigkeit entnehmen und durch die so gespeicherte latente Wärme, die Wohnräume kühlen.
Nachdem wir uns ausreichend in der Stadt erholt haben, brechen wir, wie auch Marco Polo, auf in die Wüste. Nicht aber ohne uns vorher die Pilgerstädte „Chak-Chak“ der Zarathrusrier mitten in der Wüste angeschaut zu haben. Überall dort, wo es einen aus dem Wüstensand oder Geröll herausragenden Felsen gibt, kondensiert ein kleines bisschen von der letzten Luftfeuchtigkeit. Dementsprechend sind an diesen Orten, obwohl es  möglicherweise nie regnet, dennoch Oasen. So ein Ort ist Chak-Chak. Dort tropft „Chak-Chak“ das Wasser auf einen Stein, neben dem ein alter Baum wächst. Mitten in der Wüste! Wir übernahten an zwei dieser Orte und genießen trotz der Hitze unseren Abstecher in die Wüste.
Yazder Spezialitäten
Konferenz zum "Dialog der Religionen" in unserem Hostel
Nette Melonenverkäufer zum Tee
Angenehme Temperaturen im Auto
Ist in dieser Karawanserei Marco Polo vorbeigekommen?
Tafel zur Erinnerung an das Scheitern der Operation Eagle Claw
Oase
Dromedare













Donnerstag, 22. Juli 2010

Hotel in Yasd (das erste seit Berlin)

Ich sitze im Innenhof und entspanne mich. Eine koreanische Familie kommt vorbei. Die Familie setzt sich zwei Bänke weiter in den Schatten. Alle mustern mich mit verstohlenen Blicken. Auf einmal gibt sich die Mutter einen Ruck, steht auf und spricht mich in gebrochenem Englisch an: „I know you from Korean Television.“ -Ich kann mich nicht erinnern jemals vom Koreanischen Fernsehen gefilmt worden zu sein. Kopfschütteln.- „I remember your face.“ Wiederholtes Kopfschütteln meinerseits. „You are German?“ „Yes.“ „You have car here?“ „Yes.“ „You repair car by yourself?“ „Yup.“ „Your car is yellow.“ „No, red.“ Sie lässt sich nicht beirren und ist überzeugt mein Gesicht wiederzuerkennen. Aus einem Film über Uganda. Ich kann mich nicht erinnern vom koreanischen Fernsehen in Uganda mit einem gelben Auto gefilmt worden zu sein. Ich versuche zu erklären, dass sie mich bestimmt verwechselt. Der Mann kommt dazu und langsam werden die beiden ungeduldig bei meiner Höflichkeit etwas so offensichtliches abzulehnen. Ich gebe nach und es gibt ein Foto mit der ganzen ehrfurchtsvollen Familie.Verlasse verwirrt das Feld und die Koreanische Familie strahlt vor Freude.

Dienstag, 20. Juli 2010

Keine Panik - Wir leben noch!

Eine Verschnaufpause in Teheran, das Auskurieren von Magenverstimmungen, das viele Umher-fahren und nicht zuletzt die knallharte Hitze haben uns davon abgehalten, uns in den letzten Tagen öfter zu melden. Wir haben aber noch ein paar Blog-Einträge für euch vorbereitet und hoffen, in den nächsten Tagen etwas zur Ruhe zu kommen. Vor einer guten Stunde sind wir in Yazd angekommen und wollen uns etwas Luxus gönnen: Zum ersten Mal seit unserer Abreise übernachten wir in einem "Hotel" (eher Hostel) und genießen hier Duschen, Betten und langsames W-Lan. MP ist gerade unter der Dusche, danach geht's für mich ran. Gemeinsam mit unseren Freunden aus Teheran wollen wir dann etwas essen gehen. Also hoffentlich bis die Tage!

Montag, 19. Juli 2010

Shiraz und mal eben noch Persepolis

In der Nacht wurden wir von keinen Quadscharen überfallen und ich starte so mit einer der längst überfälligen Haarwäsche unter meinem bewährten wasserdichten Ortlieb-Sack.Schon wird gestartet und weiter geht’s nach Shiraz.Auf dem Weg begegnen wir dem ersten Auto mit europäischem Kennzeichen seit der Türkei. Ein VW-Bus mit Prignitzer (!) Kennzeichen. In Shiraz sind alle ziemlich geschafft und wir trennen uns erst einmal. Ich für meinen Teil bin glücklich auf dem Bazar, wo es nicht ganz so warm ist, herumschlendern zu können und mit den Teppichhändlern einen guten Preis für den schönsten Kelim der Stadt zu erhandeln. Er soll ein Hochzeitsgeschenk für meine Freunde Enrique und Charlotte sein, die im September heiraten. Worüber ich mir in diesem Moment noch keine Gedanken mache ist die Frage, wie ich ihn über zahlreiche Grenzen Zentrasiens aus Ländern heraus bringe, aus denen die Teppichausfuhr strengstens verboten ist, wie ich ihn über 5000m hohe verschneite Pässe zwischen China, Afghanistan und Tadschikistan schleppe und wie er mir ans Herz wachsen wird und ich ihn am Ende trotzdem verschenke.
Ich mache mir eher über die langsam knapp werdende Zeit vor dem verabredeten Treffpunkt Gedanken. Da Shiraz oberflächlich auf mich nicht einen besonders einladenden Eindruck macht, beschließe ich ausschließlich die Zitadelle der Stadt zu besichtigen. Trotzdem hätte ich gerne noch mehr über die berühmten Literaten der Stadt, Hafis, Saadi und Omar Khayyam erfahren oder einen der hochgepriesenen Gärten der Stadt besucht.Aber eigentlich wollen wir alle in dieser Hitze weiter vorankommen. Also machen wir uns auf den Weg zum großen Persepolis.
Als wir ankommen geht die Sonne schon langsam unter, aber wir werden glücklicherweise noch auf das Ausstellungsgelände gelassen und der nahende Sonnenuntergang stellt sich als großes Glück heraus, da man die Hitze sonst sicherlich nicht ertragen könnte.Persepolis macht auf mich einen interessanten Eindruck, ist aber bei weitem nicht so beeindruckend, wie ich es mir aus Erzählungen vorgestellt habe. Interessant sind in jedem Fall die Graffitis, die Reisende vor 150 Jahren auf dem Eingangsportal hinterlassen haben. Persepolis scheint mehr eine Bestätigung für viele Iraner zu sein; seht her, wir waren schon vor tausenden von Jahren eine Hochkultur, bevor die Araber kamen, bevor der Islam kam.Nachdem ich mich ausgiebig mit Inschriften, Statuen und Gräbern beschäftigt habe, setze ich mich an den Eingang und beobachte die vorbeiziehenden Familien. Die meisten machen einen säkularen Eindruck. Persepolis scheint ein bisschen melancholische Erinnerung an eine Vergangenheit zu sein, mit der man eigentlich persönlich nicht mehr viel zu tun hat, nach der es aber eine große Sehnsucht gibt. Eine Vergangenheit, in der man frei auf der Straße musizieren durfte, in der Künstler ihre Kunst auch verkaufen dürfen, in der Persische Gelehrte ein großes Ansehen in der Welt hatten und in der Persien eine Großmacht war.Während ich so vor mich hin sinniere, werde ich von einer Mutter angesprochen, ob ich mich mit Ihren Töchtern fotografieren lassen möchte. Natürlich möchte ich! Man kommt ins Gespräch und schon wird mir angeboten mich ins Hotel zu fahren. Meine Erklärung, ich schliefe im Auto löst Unverständnis und Distanz aus.
Abends geht es mal wieder zum Spieße essen. Wir sind guter Laune, bis der Spießverkäufer von der Gewaltwelle in der Stadt vor Persepolis erzählt, von Morden und Vergewaltigungen. Leicht nachdenklich gehen wir zurück zum Parkplatz vor dem Weltkulturerbe und errichten dort 5 Meter neben einer Kaserne unser Zelt. Nachdem wir alles schön aufgebaut haben, kommt ein Soldat aus der Kaserne heraus und weist uns zurecht, dass wir bitte direkt vor der Kaserne auf dem Asphalt zelten sollen. Der Grund: Es gibt eine Fehde zwischen den Bazaris und dem Militär. Die Bazaris haben gedroht einen von den Militärs umzulegen. Und jetzt hat man natürlich Angst. Was wäre unangenehmer, als ein paar tote Touristen direkt neben der Kaserne. Damit man uns gut im Auge hat, sollen wir also einen Meter vor der Kaserne auf Beton neben Müll schlafen. Nach zähen Verhandlungen schlagen wir zwei Zusatzmeter und einen Walduntergrund heraus, auf dem wir dann mehr schlecht als Recht einschlafen. Wobei der Noodledude wegen der Hitze eh die Nacht draußen verbringt.

Sonntag, 18. Juli 2010

Von Abkürzungen und anderen Unwägbarkeiten

Wir wachen am Morgen alle ziemlich gerädert auf. Die Hitze lässt einen nicht wirklich zur Ruhe kommen. Heute soll es weiter nach Shiraz gehen. Vorher wird noch ein bisschen Kakao gekauft und beim Fahren im Auto gefrühstückt. Es geht über die Autobahn. Beim Navigieren entdecken wir auf der Karte eine Sehenswürdigkeit mit dem wunderbar geheimnisvollen Namen „The lost Paradise“. Unser aller Phantasie ist sofort aktiviert und die Entscheidung schnell gefallen. Das verlorene Paradies dürfen wir uns nicht entgehen lassen...Sofort suche ich den kürzesten Weg dorthin. 
Da uns einige Gebirge im Weg stehen, ist die Auswahl der Straßen zum Paradies begrenzt und ich entscheide mich für die kürzeste, aber auch dünnste Variante auf der Karte. So kommt es dann, dass wir uns mit dem Kompass in der Hand vorbei an erstaunten Nomaden, über abbruchreife Brücken und immer mit Staubteufeln am Horizont über 30-40km schlechteste Schotterpiste kämpfen. Aber schön isses trotzdem.
Nur leider wird unserer ganzer Zeitplan durcheinandergebracht.Wir beschließen also am „verlorenen Paradies“ und nicht erst in Shiraz zu schlafen. Wenn, ja wenn wir nicht den entsprechenden Abzweig verpassen würden und letztendlich am Prolo-Paradies der nächsten Stadt landen würden...Die Stimmung hier ist eher angespannt und das Paradies ziemlich überlaufen.Also fahren wir weiter und kommen erst zum Stehen, als der Kraftstoffilter entgültig dicht ist und es anfängt zu dämmern. Also eine kleine Fahrspur hineingefahren, schon hat Milat ein Lagerfeuer entfacht und ein paar Maiskolben geröstet. Dazu gibt es dann Nudeln mit Soße und einen wunderschönen Sternenhimmel.

Samstag, 17. Juli 2010

Esfahan

Als einer der wenigen Male überhaupt wache ich vor MP auf. Im Zelt war es zu heiß und um uns herum hat eh schon das Leben begonnen. Viele der iranischen Camper sind schon abgereist, lagen viele von ihnen doch nur durch eine einfache Decke von Betonboden getrennt unter freiem Himmel... Ich nutze die Zeit, um für das Frühstück einzukaufen (es gibt frische Baguette-Imitate Marke schwabbelig) und Leuten zu helfen, ihr Auto in die Garage zu schieben.
Als alle von uns wach sind, stellen wir einvernehmlich fest, dass wir alle schlecht geschlafen haben und machen uns daher nach dem Frühstück schnell auf den Weg ins Zentrum. MP sitzt am Steuer und kopiert mit beeindruckendem Detaillierungsgrad den Teheraner Fahrstil, während unser Guide Milad sich wieder durchfragt zur Stadtmitte. Selbige besteht im wesentlichen aus dem nach dem Platz des himmlischen Friedens größten Platz der Welt. Dort lässt's sich schlecht parken, weswegen M.P. mit angezogener Handbremse um die engen Kurven eines Parkhauses fahren muss (oder eher will), woraufhin er gleich saftige Kritik an seinem Fahrstil erhält. Aus diesem Grunde geknickt und abgelenkt, verknackst er sich gleich noch mal den Fuß auf erwähntem Platz.
Wir laufen einmal unter den Kolonnaden um den Platz herum. Dort gibt es viele Souvenirläden, die Fliesen, Stoffen u.a. verkaufen. (Ich überlege, ob ich mir einen jener Stempel kaufe, mit denen die Stoffe bedruckt werden.) Es scheint, dass hier während der Saison weit mehr los sein dürfte. 


Denn wir selber begegnen nur vereinzelten Touristen – u.a. einer iranischen Mutter mit Tochter, welche uns eine komisch anguckt. Wir drehen uns um und sie spricht uns auf Deutsch an. Ihre Mutter scheint nichts zu verstehen, aber sie ist aus Göttingen zu Besuch bei Verwandten. Nur kurz quatschen wir, anschließend ärgern MP und ich uns, dass wir nicht offensiver waren, denn sie sah schon sehr hübsch aus. Im Laufe des Tages, aber auch schon durch die ersten Eindrücke, müssen wir feststellen, dass die Esfahanerinnen nahezu durchweg wunderbar aussehen... So kommt MP erneut die Erleuchtung, hier studieren zu wollen.
Bei unserem Rundgang stellen wir fest, dass beide Moscheen und auch der Palast gerade für Besucher geschlossen sind. Da Sima und Milad etwas essen wollen, trennen wir uns. MP und ich laufen über den Basar. Sein Eingang ist mit schönen Wandmalereien verziert.
Wir verlaufen uns natürlich gleich im Gewirr von Gassen, Türen, Hinterhöfen Treppen und Dächern...
Am Ende finden wir uns auf dem Dach eines schönen Kaffeehauses wieder und blicken über den Platz. Esfahan liefert uns wunderbare Eindrücke zwischen weltlicher (Basar) und geistlicher (Moschee) Architektur. Interessant ist die Gruppierung um den zentralen Platz. Die Moschee liegt weitestmöglich dem Basar gegenüber entfernt, während scheinbar als Zwischenebene der Palast des Herrschers an der verbindenden Seite zwischen beiden platziert ist. Es entsteht der Eindruck das die dem Palast gegenüberliegende Herrschermoschee nur zur architektonischen Ausgewogenheit in das Ensemble eingefügt wurde.
Bevor wir die Stadt verlassen, finden wir noch eine Synagoge, in die man uns ausnahmsweise, nachdem ND sein Hebräisch auspackt, hineinlässt und an einem Gottesdienst teilnehmen lässt. Wir bedanken uns und sind durchaus angetan davon, dass wir gerade im Iran eine jüdische Gemeinde gefunden haben, wo doch immer wieder auf anderen Ebenen von Politikern mit dem Feuer der Religionen gespielt wird.