In der Nacht wurden wir von keinen Quadscharen überfallen und ich starte so mit einer der längst überfälligen Haarwäsche unter meinem bewährten wasserdichten Ortlieb-Sack.Schon wird gestartet und weiter geht’s nach Shiraz.Auf dem Weg begegnen wir dem ersten Auto mit europäischem Kennzeichen seit der Türkei. Ein VW-Bus mit Prignitzer (!) Kennzeichen. In Shiraz sind alle ziemlich geschafft und wir trennen uns erst einmal. Ich für meinen Teil bin glücklich auf dem Bazar, wo es nicht ganz so warm ist, herumschlendern zu können und mit den Teppichhändlern einen guten Preis für den schönsten Kelim der Stadt zu erhandeln. Er soll ein Hochzeitsgeschenk für meine Freunde Enrique und Charlotte sein, die im September heiraten. Worüber ich mir in diesem Moment noch keine Gedanken mache ist die Frage, wie ich ihn über zahlreiche Grenzen Zentrasiens aus Ländern heraus bringe, aus denen die Teppichausfuhr strengstens verboten ist, wie ich ihn über 5000m hohe verschneite Pässe zwischen China, Afghanistan und Tadschikistan schleppe und wie er mir ans Herz wachsen wird und ich ihn am Ende trotzdem verschenke.
Ich mache mir eher über die langsam knapp werdende Zeit vor dem verabredeten Treffpunkt Gedanken. Da Shiraz oberflächlich auf mich nicht einen besonders einladenden Eindruck macht, beschließe ich ausschließlich die Zitadelle der Stadt zu besichtigen. Trotzdem hätte ich gerne noch mehr über die berühmten Literaten der Stadt, Hafis, Saadi und Omar Khayyam erfahren oder einen der hochgepriesenen Gärten der Stadt besucht.Aber eigentlich wollen wir alle in dieser Hitze weiter vorankommen. Also machen wir uns auf den Weg zum großen Persepolis.
Als wir ankommen geht die Sonne schon langsam unter, aber wir werden glücklicherweise noch auf das Ausstellungsgelände gelassen und der nahende Sonnenuntergang stellt sich als großes Glück heraus, da man die Hitze sonst sicherlich nicht ertragen könnte.Persepolis macht auf mich einen interessanten Eindruck, ist aber bei weitem nicht so beeindruckend, wie ich es mir aus Erzählungen vorgestellt habe. Interessant sind in jedem Fall die Graffitis, die Reisende vor 150 Jahren auf dem Eingangsportal hinterlassen haben. Persepolis scheint mehr eine Bestätigung für viele Iraner zu sein; seht her, wir waren schon vor tausenden von Jahren eine Hochkultur, bevor die Araber kamen, bevor der Islam kam.Nachdem ich mich ausgiebig mit Inschriften, Statuen und Gräbern beschäftigt habe, setze ich mich an den Eingang und beobachte die vorbeiziehenden Familien. Die meisten machen einen säkularen Eindruck. Persepolis scheint ein bisschen melancholische Erinnerung an eine Vergangenheit zu sein, mit der man eigentlich persönlich nicht mehr viel zu tun hat, nach der es aber eine große Sehnsucht gibt. Eine Vergangenheit, in der man frei auf der Straße musizieren durfte, in der Künstler ihre Kunst auch verkaufen dürfen, in der Persische Gelehrte ein großes Ansehen in der Welt hatten und in der Persien eine Großmacht war.Während ich so vor mich hin sinniere, werde ich von einer Mutter angesprochen, ob ich mich mit Ihren Töchtern fotografieren lassen möchte. Natürlich möchte ich! Man kommt ins Gespräch und schon wird mir angeboten mich ins Hotel zu fahren. Meine Erklärung, ich schliefe im Auto löst Unverständnis und Distanz aus.
Abends geht es mal wieder zum Spieße essen. Wir sind guter Laune, bis der Spießverkäufer von der Gewaltwelle in der Stadt vor Persepolis erzählt, von Morden und Vergewaltigungen. Leicht nachdenklich gehen wir zurück zum Parkplatz vor dem Weltkulturerbe und errichten dort 5 Meter neben einer Kaserne unser Zelt. Nachdem wir alles schön aufgebaut haben, kommt ein Soldat aus der Kaserne heraus und weist uns zurecht, dass wir bitte direkt vor der Kaserne auf dem Asphalt zelten sollen. Der Grund: Es gibt eine Fehde zwischen den Bazaris und dem Militär. Die Bazaris haben gedroht einen von den Militärs umzulegen. Und jetzt hat man natürlich Angst. Was wäre unangenehmer, als ein paar tote Touristen direkt neben der Kaserne. Damit man uns gut im Auge hat, sollen wir also einen Meter vor der Kaserne auf Beton neben Müll schlafen. Nach zähen Verhandlungen schlagen wir zwei Zusatzmeter und einen Walduntergrund heraus, auf dem wir dann mehr schlecht als Recht einschlafen. Wobei der Noodledude wegen der Hitze eh die Nacht draußen verbringt.
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