Aus Angst, einmal mehr abgezockt zu werden, machen wir uns schnell auf den Weg – weg von der Tankstelle, wo wir über Nacht geschlafen haben. Bereits in der vergangenen Nacht beobachteten wir den landschaftlichen Übergang zur anatolischen Ebene. Immer weiter in der Ferne konnten wir noch Lichter erkennen – immer weniger Hügel waren noch zu bewältigen. Als wir gerade einen solchen letzten seiner Art überquerten, fällt uns heute morgen eine kleine Quelle auf – mit Hahn und Becken und allem drum und dran. Bei der zweiten machen wir kehrt und frühstücken. Auch zwei andere Autofahrer machen Stopp und fragen uns, woher wir kommen, wohin wir fahren – das übliche Spiel, bei dem es sich MP nicht nehmen lässt, jedes Mal unser gesamtes Vorhaben zu erklären. Doch diesmal scheinen die beiden Herren an keinem Gespräch interessiert und dampfen schnell wieder ab. Wir nutzen die Gelegenheit und räumen unseren Bus auf. Ich packe meine ganzen Klamotten in die neue Tasche und wir beide schmeissen ordentlich Zeug weg. Bei über 40 Grad sind wir anschließend Schweiß-gebadet und k.o. - aber auch sehr froh, diese Aufgrabe nun endlich erledigt zu haben.
Unser heutiges Reiseziel ist „Kayseri“ - oder besser gesagt: Göreme und Derinkuyu bei Kayseri. Beides Tipps von MP's Türkei-Reisefachberaterin seines Vertrauens, deren Tipps sich bereits oft als wunderbare Sehenswürdigkeiten bestätigt haben. (Vielen Dank an Ulla!) Unterwegs verändert sich die Landschaft noch einmal. Aus der flachen Ebene ragen nun vereinzelt Türme aus längst erloschenem Lavastein heraus. Mal schwülstig in langen Abhangs-Formationen, mal vereinzelt phallisch aus dem Boden ragend. Wir sind in Kappadokien und kommen in Göreme an.
Alsbald erahnen wir, dass sich unserer Weg mit dem der gemeinen Touristen kreuzt. Tages-Busausflüge ab Antalya und Co. sind hierher möglich und entsprechend groß die Parkplätze und der Nepp. Kaum angehalten, sind 5 TL (Teelöffel -oder auch Türkische Lira) fällig – ein guter Preis. Der einzige, 'offizielle' Weg zu den Sehenswürdigkeiten führt ganz zufällig durch eine Gasse von Souvenir- und Eisständen und schließlich vorbei an gelangweilten Kamelen, auf denen wer drauf steht sich fotografieren lassen kann...
Der Grund, weshalb wir gekommen sind, verbirgt sich hinter einer nagel-neuen Eintrittsanlage, die jeden Besucher mit „please pass!“ beim Eintritt begrüßt und entsprechend auf die Nerven geht, als ein ganzer Touribus KoreanerInnen hindurchgeht. Sie behütet eine Reihe von Höhlen, die sich hier, wie überall in der Gegend, in den Tuffsteinfelsen befinden. Daher heißt der Ort „Göreme“, was angeblich von „unsichtbar“ abgeleitet sein soll. Besonders ist an den Löchern, für die man Eintritt zahlen muss, dass es sich bei ihnen in den meisten Fällen um Kirchen handelt. Manchmal mit wenigen, sehr graphischen Ornamenten, manchmal aber auch sehr reichhaltig und bunt ausgemalt. Die Kirchen stammen aus einer sehr frühen Zeit, als die Christen aus Angst vor den herannahenden arabischen Heeren Richtung Westen flohen und sich versteckten. Daher muten manche der Darstellungen befremdlich an und ich denke einmal mehr, dass es auch interessant gewesen wär', Kirchenhistoriker geworden zu sein...
Wir lassen uns neben den KorreanerInnen, einem spanischen Backpacker-Pärchen, US-amerikanischen Juden und anderen Touristen durch die Höhlen treiben, die mal mehr, mal weniger spektakulär sind und lassen uns dabei so viel Zeit, dass der Besuch in Derinkuyu auf morgen verschoben werden muss. Stattdessen will MP – ganz seinem Naturell entsprechend – noch auf eigene Faust die ein oder andere Höhle erkunden. Außerdem fahren wir über die Hügel und durch die schöne Landschaft, wobei wir einen ausgezeichneten Schlafplatz mit tollem Panorama-Blick finden. Vor dem schlafen-gehen trinken wir noch einen Chai an einem schönen Platz, wo wir einen Verkäufer kennenlernen, der sich als iranischer Studentenführer zu erkennen gibt. Er sei gefoltert worden und aus dem Iran geflohen und wartet nun darauf, mit Hilfe des UNHCR ein Studium in Kanada aufzunehmen. Wir wünschen ihm Glück und begeben uns zu unserem Schlafplatz, von dem aus wir den wunderbaren Sonnenuntergang beobachten.
Naturwunder Kappadokien
AntwortenLöschenWanderung durch die Ihlara-Schlucht
Stadt zwischen Orient und Okzident
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