Freitag, 13. August 2010

Augen auf beim Visakauf!

Nachdem der Noodledude in der letzten Nacht gefahren war, ist es an mir, früh aufzustehen und ein paar Kilometer auf dem Weg nach Duschanbe zu reißen. Während ND also auf dem Beifahrersitz weiterschläft, fahre ich zwanzig Kilometer wunderbar asphaltierte Straße. Beim ersten Anstieg löst sich der Asphalt auf und auf den übrig gebliebenen Broken holpert dann der ganze Verkehr zwischen den beiden größten Städten Tadschikistans herum. Meine ganze Konzentration wird also gleich am Morgen ohne Frühstück abgefordert. Beeindruckt bin ich vom ND, der es schafft bei dem Gepolter, weiter zu schlafen, oder zumindest zu dösen. Während auf der Karte nur ein Pass eingezeichnet ist sind es in Wirklichkeit zwei. Wir haben damit gerechnet am Morgen anzukommen, aber die Fahrt zieht sich ins Unermessliche hin. Der zweite Pass ist ein Tunnel und in dem Moment wo wir hineinfahren, erinnere ich mich an die Geschichte zweier Bekannter, die diesen Tunnel auch durchquert haben: „Der Tunnel steht das halbe Jahr ganz und den Rest halb unter Wasser, ist endlos lang, keine Fluchtmöglichkeit, kein Straßenbelag und kein Sauerstoff und wenn die tadschikischen Maruschkas am Ende angelangt sind, halten sie erstmal an und alle telefonieren mit ihren Verwandten, dass sie überlebt haben.“ Tja da hatten sie wohl ein bisschen übertrieben – Zeitweilig gab es Straßenbelag.

Während es in den Bergen eher sehr schöne und eher ärmliche Dörfer gibt, kündigen die ersten hässlichen Villen der Superverdiener im Tal die Hauptstadt, Duschanbe an. Als wir gerade an einer besonders großen mit besonders viel Sicherheitsvorkehrungen vorbei fahren und ich noch zu dem im Tunnel von mir geweckten ND sage, „Da wohnt wohl der Präsident.“, werden wir schon von der Polizei rausgewunken. In ganz Tadschikistan kann man anscheinend fahren wie der Teufel, aber vor diesem Gebäude nicht… - Volltreffer, tatsächlich die Präsidentenvilla!
Wir fahren in Duschanbe direkt zum Außenministerium, um den Stempel, den die Tadschikische Botschaft vergessen hat, nachtragen zu lassen. Von dort werden wir zu einer Villa weitergereicht, wo wir ausnahmsweise mal gut behandelt werden und den Stempel sofort bekommen. Auf die Frage, warum wir kein Touristenvisa bekommen haben und jetzt der Ärger mit der Registrierung bei uns liegt, nur ein Achselzucken. Das Problem scheint mit der Tadschikischen Botschaft in Berlin schon bekannt zu sein...
Also zum Registrierungsbüro. Dort will an uns nicht registrieren, obwohl der Fehler mit dem Visa nicht bei uns liegt. Wir sollen für die Registrierung 25$ zahlen, außerdem brauchen wir ein Schreiben eines Reisebüros, was uns 30-40$ kosten soll oder wir müssen im Hotel übernachten. Alle Diskussionsversuche scheitern und wir müssen schließlich aufgeben und uns nach einem Reisebüro umsehen, da wir nicht vorhatten in Duschanbe zu schlafen. (Hätten wir gewusst, auf welche Art und Weise wir später die Tadschikisch-Kirgisische Grenze überqueren würden, wir wären einfach ohne Registrierung weitergefahren…) Also ein Reisebüro gesucht. Es ist inzwischen 17h und wir haben noch nicht gefrühstückt. Laufen also so von Reisebüro zu Reisebüro, nicht bereit 70$ pro Person für die Registrierung zu zahlen, wie es zeitweilig von uns verlangt wird. Am Ende mieten wir entnervt zwei Betten in einem Hotel für jeweils 10$. Mit dem Papier vom Hotel machen wir uns dann auf den Weg zurück zum Registrierungsbüro. Da die Belegung gewechselt hat, müssen wir erneut unseren Fall erklären – mit dem Resultat, dass man uns einfach gar nicht registrieren will. Irgendwo scheint eine Schraube zu sein, die noch geschmiert werden möchte… Ich platze und werfe wutentbrannt meinen Rucksack gegen die Wand des Büros. Woraufhin alle erschreckt zusammenzucken, so was hatte man dann doch nicht von den Ausländern erwartet. Um mich abzukühlen gehe ich vor die Tür, woraufhin ich auch gleich von einem alten Mann angesprochen werde, woher ich denn komme: „Germanja.“, „Niemcy?“, „Da.“, „Faschist.“ – ich beachte den Mann nicht weiter und koche vor Wut. Aber meine plötzliche Explosion scheint Früchte getragen zu haben. Wir werden in das Büro der Angestellten gebeten, es wird uns ein Stuhl angeboten und eine Dolmetscherin wird angerufen. Sie teilt uns dasselbe mit, was uns vorher schon auf Russisch gesagt wurde. Man wird uns nicht registrieren, außer, ja außer, wir schalten ein Reisebüro ein. Entnervt gehen wir zum Hotel zurück. Dort treffen wir dann einen abgefahrenen Canadier, der sein Land seit 30 Jahren nicht mehr betreten hat, grad aus Afghanistan kommt („Jungs, geht da nicht hin, das ist gefährlich!“) und von Interpol gesucht wird. Mit ihm lässt sich der Abend einigermaßen gut verleben zumindest besser als mit den Mongol-Rally-Kids, die auch vor dem Hotel parken. (Eine Erfahrung unserer Reise: Die Leute, die mit der Polizei in Konflikt geraten sind oder sogar schon im Gefängnis saßen, waren immer die korrektesten und die, mit denen man am besten auskommen konnte, von Istanbul über Teheran, Ashgabat, Tashkent, Duschanbe bis Bishkek.) Zuerst muss natürlich das Auto vor dem Hotel weggefahren werden, weil astronomische Summen verlangt werden, damit das Auto „bewacht“ ist. Das übernehme ich und werde natürlich auch sofort von der Polizei angehalten, die mir einen Kugelschreiber klaut. Nachdem ich das Auto dann in einer besonders dunklen Straße, garantiert ohne Bewachung, abgestellt habe, will ich nur noch ins Bett. Ich habe genug, während ND sich noch vergebens auf die Suche nach einem Nachtleben in Duschanbe macht und weil er Nussschalen (wie alle Tadschiken) auf den Boden fallen lässt, mit dem Hotelportier in Konflikt gerät. Langsam haben wir genug davon, solange wie wir nicht dauernd bestechen oder Geld verschenken, wie Dreck behandelt zu werden.
Schade, vor lauter Ärger hatten wir kaum Zeit die wunderschöne Landschaft zu bestaunen.


1 Kommentar:

  1. Der Tunnel hat ja sogar Lampen! Richtig komfortabel. Aber lustig das mit dem Telefonieren auf der anderen Seite....

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