Montag, 2. August 2010

Transit

Konsulat von Turkmenistan in Berlin

Irgendwo versteckt zwischen den Villen hinterm Theodor-Heuss-Platz liegt die Botschaft von Turkmenistan. Es ist immer wieder erstaunlich. Nur die wenigsten Botschaften in Berlin lassen vom äußeren Eindruck des Gebäudes auf das Land schließen. Die Botschaft von Turkmenistan gehört nicht dazu. Das Konsulat befindet sich im Tiefparterre und hat definitiv keinen repräsentativen Charakter. Man fragt uns ob wir einen Aufschlag zahlen wollen, damit das Visum schneller bearbeitet wird (vermutlich werden die Unterlagen dann per E-Mail anstatt per Post gesendet…). Das Visum wird nämlich erst nach Rücksprache mit wem auch immer in Ashgabat ausgestellt. Ich weiß leider nicht mehr, ob auch ein Motivationsschreiben zu den benötigten Unterlagen gehört, wie beispielsweise in Tadjikistan. Aber uns wird ziemlich eindeutig klar gemacht, dass wir, nachdem wir uns erst für die Billigvariante entschieden hatten, wenn wir unseren Pass irgendwann vor Abreise noch mal wiedersehen wollen, einen „Expressaufschlag“ zu zahlen haben. Die Bearbeitung dauert dann trotzdem drei Wochen. Das Visum gilt 5 Tage und ist auf bestimmte Daten, Strecke und Grenzübergänge festgelegt. Etwas anderes als ein Transitvisum scheint eh ohne örtlichen „Touristenführer“ nicht möglich zu sein.

Ashgabat

Mit diesem Transitvisum geht es jetzt also vom Ashgabat nach Merw. Im Gegensatz zu der handgefegten und mamornen Hauptstadt ist die Straße Richtung Usbekistan und Afghanistan eine einzige Schlaglochpiste.
Eingereiht zwischen LKW’s versuchen wir über duzende Umleitungen und kleinere Straßen und Brücken den Weg nach Mary nahe der großen Seidenstraßenstadt Merw zu finden. Es ist schon erstaunlich wie groß der Unterschied zwischen Stadt und Land hier ist.
Es gibt so gut wie keine Straßenschilder und wir halten uns an die vorausfahrenden LKW’s aus der Türkei und dem Iran. Interessant wie vertraut uns inzwischen diese Länder im Gegensatz zu Turkmenistan erscheinen. Da wir glauben schon an Mary vorbeigefahren zu sein und nicht vorhatten weiter nach Herat zu fahren, scheren wir aus der LKW Kolonne aus und versuchen das Zentrum zu finden. In der Stadt finden wir weder Personen noch irgendeins der von uns ausgewählten Hotels. Also parken wir in dieser dunklen Stadt mit duzenden anderen LKW’s auf einem abgefuckten Parkplatz für den wir am nächsten Morgen sogar noch bezahlen müssen.

Von der 2500 Jahre alten sehr bedeutenden Oasenstadt Merw ist nördlich von Mary kaum noch etwas zu sehen. Das einst prächtige Handelszentrum wurde bei diversen Eroberungen durch Mongolen, Perser und den Usbekischen Nationalheld „Timur“ geschliffen und zur Bedeutungslosgkeit verdammt. Auch uns gelingt es nicht den Zauber vergangener Zeiten in den Ruinen des UNESCO Weltkulturerbes zu entdecken.
Eher angetan sind wir von ein paar realen Menschen. Jugendliche, die auf dem Feld arbeiten und gerne ein Foto mit uns machen wollen.
Ein Bäcker, der uns ein Brot schenkt. Ein Melonenverkäufer und die Bedienung in einem kleiner Klitsche für leckere Fleischspieße. Alle sind erstaunlich distanziert, freundlich und wecken durch ihr stolzes Auftreten mein Interesse. 
Leider bleibt aufgrund unserer Visa keine Zeit sich weiter mit Land und Leuten zu beschäftigen und wir cruisen in die angenehme Nacht auf guter Straße in die Wüste hinein, immer geradeaus ohne ein einziges Licht außer der Sterne nach Turkmenabat. In dieser einzigartigen Dunkelheit werden die Grenzen der Phantasie verschoben und man fängt an sich wie ein Kind vorzustellen, was man in dieser Dunkelheit alles nicht sehen kann. In meiner Erinnerung ist die Wüste in Turkmenistan demzufolge voller Geheimnisse und Reize.

Nach Durchquerung des nächtlichen Turkmenabat kommen wir an die berüchtigte Pontonbrücke über den Amu Darya. Das die örtlichen Wegelagerer Geld verlangen würden, habe ich nach diversen Warnungen erwartet. Dass sie sich allerdings nur mit Dollar zufrieden geben und noch nicht einmal in ihrer Landeswährung bezahlt werden wollen hat mich schon erstaunt. Leider zeigt sich hier der Fehler an der Grenze nicht hart genug gewesen zu sein und am Ende den schreienden Grenzsoldaten einen Bus mit zehn Sitzplätzen eintragen zu lassen. Weil wir ein solcher Bus sind, werden es gleich 10$ mehr. Jedes Geschimpfe meinerseits verhallt zwischen den unnachgiebigen Gestalten. Am liebsten würde ich die nächste Brücke 20km flussabwärts nehmen. Da der Wegelagerer aber sicherlich auch noch eine Uniform der Miliz im Schrank hängen hat und wir uns über die Konsequenzen bei Verlassen der Transitstrecke nicht ganz im Klaren sind, zahlen wir. Beim nächsten Mal werde ich entweder mit einem alten Golf kommen und wutentbrannt den Schlüssel in den Amu Darya zu werfen um dann zu Fuß die Brücke zu überqueren oder einfach gleich von Anfang an die Transitstrecke missachten und die nördlichere Brücke nehmen.




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