Freitag, 30. Juli 2010

Mit Elan nach Turkmenistan

Abends noch schnell wie sooft ein paar Fleischspieße am Straßenrand gegessen und dann einen Schlafplatz kurz vor der Grenze nach Turkmenistan gesucht.
Morgens mal wieder von ein paar sympathischen Kids aufm Motorrad geweckt worden. Das Frühstücken verschieben wir dann aber trotzdem auf den iranischen Grenzort Bajgiran.Der Bulli kämpft sich tapfer die letzten Kilometer bis zum Grenzpass hinauf. Wir wollen noch tanken, da auf unserer Karte eine Tankstelle in diesem Ort eingezeichnet ist. Tankstelle scheint es nicht zu geben, genauso wenig wie irgendetwas anderes Interessantes. :-(Also kurz gefrühstückt und hoch zur modernen Grenzstation auf dem Pass. Wir beschließen 5$ bei einem Mann ,der uns bei den Grenzformalitäten hilft, zu lassen. Der Grenzbeamte ist gerade beim Tee trinken. Also ein bisschen iranisches Fernsehen geschaut. Gerade werden die „Afghanistanprotokolle“ aus dem Spiegel zitiert. Interessant, in einem Land in dem der Spiegel offiziell nicht verkauft werden darf, wird das was gerade passt rausgepickt und zitiert...
Wie erst die Presse in Turkmenistan ist, dessen Regime gerne in eine Reihe mit Nordkorea und Burma gestellt wird?
Endlich werden wir über die Grenze gelassen, stellen fest, dass die 5$ eigentlich überflüssig waren – hätten wir alles auch gut selber erledigen können.
Vor der Turkmenischen Seite beschließt der Noodledude alles noch ein bisschen entspannter angehen zu lassen. Also Auto vor der menschenleeren Grenzstation geparkt und einfach desinteressiert in den Wartesaal gesetzt. Funktioniert wunderbar. Auf einmal müssen nicht wir von Einem zum Anderen rennen, sondern die Grenzbeamten nehmen uns an die Hand und erledigen alles mit uns zusammen. Dafür kostet auf einmal alles Geld – Willkommen in Zentralasien! – Gesundheitscheck (eigentlich nur ein Papier), Bearbeitungsgebühr, Eintrittsgebühr, Desinfektion und was noch... Wir waren ein bisschen Blauäugig und sind davon ausgegangen, dass wir auch hier mit Euro weiterkommen... Also zu schlechten Raten unsere Euros in Dollar umgetauscht mit denen wir dann bezahlen können. (An jeden, der nach Zentralasien reist: Keine Euros mitnehmen!)
Dann die übliche Frage: „Driver?“ Ich bin der „Driver“. Also werden wir getrennt und während ich mich mit einem Zollbeamten über die Anzahl der Sitzplätze im Bulli streite (er meint, dass die sechs Sitzplätze im Bus nicht „Original“ seien, sondern zehn...und er hat Recht – denn, wie wir ja seit unserer Kindheit wissen: „Wer lauter schreit hat immer Recht...“), muss der Noodledude auf der Fußgängerseite die Grenze überqueren.
Ich lasse also Unsummen an der Grenze (ca. 160$ oderso) nur dafür mit einem Auto für 5 Tage nach Turkmenistan hinein zu fahren. Asugenommen wie eine Weihnachtsgans fahren bergab in die Turkmenische Wüste, rein nach Ashgabat.
(An dieser Stelle sei vorab gesagt, dass wir nicht ganz frei im Berichten über Erlebnisse mit einzelnen Menschen sind, da dieser Blog öffentlich ist und selbst der Autor des Lonely Planets aufgrund des autoritären Regimes in Turkmenistan anonym bleibt.)Ashgabat ist eine Stadt, die in Marmor glänzt, deren Straßen rund um die Uhr in Handarbeit gefegt werden und in der an jeder Ecke ein Polizeiwagen steht. Nur Menschen scheint es keine zu geben... Leben auf der Straße – Fehlanzeige. Das was wir eigentlich nach der Türkei schon im Iran vermisst haben, gibt es hier noch weniger, eigentlich gar nicht.
Dadurch das wir mit unserem Transitvisum keine Registrierungspflicht haben, schlafen wir im halblegalen Hostel von Murat für 10$ die Nacht. Murat ist sympatisch, scheint aber doch etwas beunruhigt zu sein, ist das Viertel in dem sein Haus steht doch anscheinend das letzte, was noch nicht für irgendwelche komischen Marmorhochhäuser abgerissen wurde und demzufolge wahrscheinlich als nächstes dran.
Wir verbringen zwei Tage in Ashgabat mit dem Genießen einer Freiheit die wir in den letzten Wochen nicht hatten. Wir ziehen durch die Bar(s) von Ashgabat. (Ansonsten gibt es nicht viel zu sehen in dieser Stadt mit dem großen goldenen Buch von Turkmenbashi, dem Erdbebenmuseum zur Erinnerung an das Erdbeben bei dem die Mutter von Turkmenbashi ums Leben gekommen ist und der Statur von Turmenbashi himself, die sich mit der Sonne dreht und golden über die Stadt schimmert.)Eigentlich gehen wir nur ins British Pub, weil wir nicht glauben, dass man in Ashgabat ernsthaft woanders feiern kann. Dort ist eine bunte Mischung aus Ausländern (hauptsächlich französische Ingenieure, Einheimische und einheimische Prostituierte) unterwegs. Letztere sind oftmals sehr schwer von dem Rest zu unterscheiden, denn selbst die zurückhaltende französische Ingenieurin wird in Ashgabat zur "Queen of Dancefloor"... 
Als wir uns auf den Weg in den Pub machen müssen wir erst einmal ein wenig suchen, was zur Folge hat, das wir eine Straße zweimal entlang laufen... - VERDÄCHTIG! - Also sofort Passkontrolle mit Befragung. Was für ein Land.
In der zweiten Nacht unserer nächtlichen Ausflüge in den Britisch Pub treffen wir einen spanischen Journalisten, der gerade aus Kirgistan kommt und über die Unruhen in Osh berichtet. Mit ihm im Schlepptau wir alles noch witziger und als der Britisch Pub schließt versuchen wir ein paar Einheimische zu fragen wo die Party weitergeht. So landen wir dann im Keller eines sicherlich ziemlich teuren Hotels und werden dort von diversen schönen Frauen angetanzt die aber alle sehr enttäuscht abziehen, als wir klarmachen, dass wir ziemlich arme Schlucker sind. Trotzdem zufrieden und seit langer Zeit das erste Mal wieder gut angetrunken ziehen wir alleine zu dritt durch die dunklen Straßen von Ashgabat zurück ins Hostel. Anscheinend hat nach all den Marmorhochhäusern das Geld nicht mehr für eine Straßenbeleuchtung gereicht.

1 Kommentar:

  1. Oh, schön!
    Ihr vervollständigt den Blog?!
    Ich freue mich auf weitere Abenteuer aus Zentralasien! vantat

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