Samstag, 3. Juli 2010

Durch das wilde Kurdistan *1

Neben Winnetou, einer von Karl May's Klassikern. 
Ich bin nie in den zweifelhaften Genuss des Buches gekommen. Verschenkt habe ich es aber schon. Das ist dann eines der Bücher, die man nur aufgrund des Titels kauft und die dann auch selten wirklich gelesen werden.
Aber der Titel von einem „wilden“ Kurdistan trifft vielerorts zu und nicht selten fragt man sich, was denn Karl Mays Vorstellungen waren, von dieser Region, die noch nicht einmal klar umrissen werden kann, geschweige denn eine einheitliche Landschaft oder gleiche Traditionen vorweist.Während wir uns schon mit türkischer Kultur, Menschen und den Gepflogenheiten auseinandergesetzt und auf sie eingestellt haben, werden wir in Urfa auf einmal völlig überrascht.Alles ist wieder anders.Die ganze Zeit versucht jemand uns einzuladen. Die Leute machen den Eindruck, als währen sie aufrichtig froh darüber, dass man vorbeikommt und sie besucht. Es wird zum Ding der Unmöglichkeit ein paar Tomaten, Brot und Paprika zu kaufen und dafür auch noch Geld zu bezahlen. Wo käme man denn da hin, jemanden der schon eine so lange Reise auf sich genommen hat, auch noch für Essen bezahlen zu lassen...
Die Menschen sehen inzwischen richtig Arabisch aus und der Noodledude fühlt sich auch endlich im Orient angekommen.In Urfa suchen wir also einen Ort um das Spiel Argentinien – Deutschland zu schauen. Auf dem größten Platz im Zentrum werden wir dann fündig. Kaum jemand sprich uns noch auf Mesud Özil an. Die meisten sind auch nicht mehr für Deutschland, sondern für Argentinien.
Schnelles Tor für das deutsche Team und langsam muss man sich fragen ob man noch genug Teelöffel (TL) dabei hat um die ganze Gesellschaft zum Tee einzuladen. Als das Spiel mit fantastischen 4:0 ausgeht, machen sich die Argentinien-Fans ganz schnell vom Acker und wir sparen das Geld. Also erst mal eingetaucht in den Bazar von Urfa und gleich beim Tabakhändler hängen geblieben. Es wird eine Zigarette nach der anderen geraucht, alles muss probiert werden. Mir wird langsam schwindelig und man setzt mich direkt auf einen Stuhl. „Nein so dünn dreht man die Zigaretten in Kurdistan nicht.“ -Schon wieder muss ich eine fingerdicke Zigarette rauchen... „Wo kommt ihr her, wo wollt ihr hin?“ „Berlin, Istanbul, Ankara, Mardin, Tatvan, Van, Täbris, Teheran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan“ Der X-te, dem ich dass erzähle. Lässt nicht locker, also erzähle ich ihm noch davon, dass ich vor neun Jahren auch in der Gegend rumgestreift bin. „Diyabakir?“, „Güsel.“, „Van?“, „Choque-güsel“, „Siirt?“, „Schöle-böle.“. Als er hört, dass ich Siirt nur „Schöle-böle“ finde springt er erfreut auf und läuft zu seinem Standnachbarn und lacht ihn aus. (Ungefähr nach dem Motto: „Haha, dem Touristen gefällt alles hier, nur Dein Ziegendorf nicht.“) Als er fertig gelacht hat, konnte man endlich in die Verkaufsverhandlungen einsteigen. Nicht aber bevor ein Foto mit dem Touristen gemacht wurde. Er wollte folgende Zahl als Bezahlung für 250g Tabak und 400 Blättchen : 16000. (Auf seine Hand geschrieben) 160,00TL? Das war ich definitiv nicht bereit zu zahlen! Es kommt zu Irritationen. Der Kilopreis lag doch bei 55 TL?
Stück für Stück stellt sich heraus, dass er einfach eine Null zufiel aufgeschrieben hat. Ob das mit der „Nullwegstreichung“ der Türkischen Lira zu tun hat? Egal. Am Ende bezahlen wir 16 Teelöffel und ziehen um eine Erfahrung reicher durch den Basar weiter.
Alle gratulieren zum Sieg der deutschen Nationalmannschaft und wir machen uns auf den Weg zum Auto. Obwohl wir so freundlich in Urfa aufgenommen wurden, haben wir beide, nicht erst seitdem mir jemand an mein Portemonnaie gegriffen hat, ein ungutes Gefühl an der Straße zu schlafen. Wir sind also froh einen Truckertreff zu finden, werden dort zu zwei Chai eingeladen und dürfen auf dem Parkplatz übernachten.

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